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12 Min

22.06.2022

Text

Christine Henniger

Dimensionen eines zukünftigen Tanzarchivs

Dieser Text basiert auf einem Vortrag auf dem Symposium Positionen: Tanz #4. Zugänge schaffen – Diversität, veranstaltet vom 21. - 23. Oktober vom Dachverband Tanz Deutschland im PACT Zollverein in Essen. Ziel der Tagung war es, einen kritischen Diskurs über die Definition von Tanz, die Interpretation der Tanzgeschichte und die Reflexion in der Tanzforschung sowie die Wahrnehmung des tanzenden Körpers und der tänzerischen Bewegung aus einer intersektionalen Perspektive anzuregen.

Im Laufe der letzten 30 Jahre hat der Archival Turn verschiedene wissenschaftliche Disziplinen wie die Anthropologie, Philosophie und Kulturtheorie sowie zahlreiche Kunstformen geprägt.1 Der Archival Turn kann als ein Netzwerk von Konzepten definiert werden, die den Zweck und die Zielsetzung der Archive in Bezug auf politische und institutionelle Machtverhältnisse betonen und gleichzeitig die Möglichkeiten des Archivbegriffs neu definieren, indem sie fließendere, pluralistischere Konzepte zulassen, die die Vielfalt von Gesellschaften besser widerspiegeln.2

Das Konzept des Archivs als eine Art Gatekeeper relevanten Wissens in einer Gesellschaft ist eine Vorstellung, die aus westlichen, europäischen und amerikanischen Traditionen abgeleitet wurde.3 Dieses Konzept wird kritisiert, weil es nicht nur andere wissensbildende Strukturen – wie etwa nicht kuratierte, nicht verschriftlichte oder nicht taktile Formen – ausschließt, sondern auch einen großen Teil der Gesellschaft außenvor lässt – vor allem nicht-weiße und nicht-männliche Personen –also diejenigen, die sich nicht in einer Machtposition befinden.

Ausgehend von der aktuellen konzeptionellen und praktischen Arbeit an einem neuen TanzArchiv Berlin, werde ich im Folgenden aufzeigen, wie die Entwicklung des TanzArchiv-Konzepts mit den theoretischen Implikationen des Archival Turn umgeht und beleuchten, wie ein neues TanzArchiv Berlin als Archiv für die gesamte Szene dienen kann – offen für alle, während es das Wissen über Tanz und Tanzschaffende sowie das durch Tanz und Bewegung geschaffene Wissen auf neue Weise reflektiert.

Die Parameter der Archivgruppe

Im Jahr 2018 fand im Rahmen des Partizipationsprozesses Runder Tisch Tanz eine fortlaufende einjährige Aushandlung mit mehr als 200 Künstler:innen und Akteur:innen aus dem Tanzbereich, der Forschung usw. statt, mit dem Ziel, die Arbeitsbedingungen in der Berliner Tanzszene auszuhandeln. Dabei wurden Fragen zu Förderstrukturen, Vermittlungsstrategien, Diversität und Inklusion diskutiert, unter anderem auch die Frage nach dem Transfer von Tanzwissen in die Zukunft.

Seit Oktober 2020 arbeitet eine Gruppe von fünf Expert:innen4 aus den Bereichen Tanzpraxis, Tanztheorie, Tanzjournalismus, Tanzdokumentation und Tanzarchivierung daran, die Ausprägung eines Archivs für den Tanz von Grund auf neu zu denken und neu zu betrachten: wer wird repräsentiert und wer repräsentiert, wie könnten Repräsentation und Teilhabe aussehen, und welche Formen und Strukturen der Zusammenarbeit könnten sich daraus ergeben?

Einige Ergebnisse dieser ersten Recherche werde ich im folgenden Text vorstellen und versuchen, daraus sechs Handlungsfelder abzuleiten: die Dimensionen des zukünftigen Tanzarchivs.

 

1. Schafft neue Archive!

It is in the archive that our presence is captured and its traces read relationally in time. And it is also in the archive that history can be encountered as subjective memories and that subjective memories are shaped as collective histories.5

Zunächst einmal müssen wir eingestehen, dass Archive Individuen, Kollektive und gesellschaftliche Gruppierungen mit ihren Erinnerungen, ihrem Wissen und ihren Erfahrungen ausgeschlossen haben und wahrscheinlich immer ausschließen werden – dies ist der Fall, egal wie sehr man versucht, Sachverhalte durch pragmatische, wissensstrukturierende archivarische Prozesse zu präsentieren, sei es durch das Sortieren von Wissensobjekten, die Indexierung von Objekten und Ereignissen oder das Ordnen von Wissen.

Diese exkludierenden Prozesse lassen sich innerhalb eines einzelnen Archivs nicht vollständig vermeiden. Die einzige Möglichkeit, sich diesem Problem zu nähern, besteht darin, ständig neue Archive zu schaffen (und sie auch als solche zu benennen), die versuchen, neue Wege zur Sortierung von Informationen zu finden (die möglicherweise wiederum andere Fakten oder Personen ausschließen), neue Gruppen, Verhaltensweisen und neues Wissen einzubeziehen und so ständig eine Spannung zwischen bestehenden Archiven und (noch nicht) geschaffenen Archiven zu erzeugen. Die ständige Neuerfindung des Archivs, des prozeduralen Archivs, das vielleicht irgendwann zu einem langfristigen, scheinbar immerwährenden Archiv werden kann, welches dann erneut in Frage gestellt wird, muss das Ziel sein, wenn wir ausschließenden und diskriminierenden Prozessen entgegenwirken wollen.

 

2. Spekuliert!

Das perfekte Archiv gibt es nicht. Wie können wir dann wissen, wie neue Archive am besten zu gestalten sind? Tatsache ist, dass wir es nicht wissen. Es gilt zu spekulieren, zu verhandeln, auszuprobieren, zu experimentieren.

Im Jahr 2019 schuf Het Nieuwe Instituut in Rotterdam das Speculatief Design Archief, um die Bedeutung sowohl anerkannter Meisterwerke als auch vergessener Schätze zu beleuchten. Bei der Schaffung dieses Archivs wurden unter anderem folgende Fragen gestellt: Was werden wir für die Zukunft bewahren, und was wird in Vergessenheit geraten? Warum wird es in Vergessenheit geraten? Wer entscheidet, was bleibt, und anhand welcher Kriterien wird diese Entscheidung getroffen?

Ähnlich wie das Gedächtnis des Tanzes ist auch das kollektive Gedächtnis des Designs versprengt, oft neu erschaffen, wieder aufgearbeitet – manchmal im Nachhinein übersichtlich geordnet, aber häufig extrem durcheinander.

Aufgrund der zeitlich begrenzten Natur des Speculatief Design Archief Projekts hatte Het Nieuwe Instituut die Möglichkeit, viele potenzielle Lösungen für das niederländische Designerbe zu untersuchen, zahlreiche Akteur:innen (institutionell, individuell, staatlich) im Bereich Design zur Teilnahme einzuladen und sich so auf die Frage der Bewahrung im Bereich des Kunsterbes im Allgemeinen zu konzentrieren.

Was wir also brauchen, ist ein spekulatives Tanzarchiv. Wissen im Tanz besteht nicht (oder nicht nur) aus Texten – es besteht aus Körpern, Erinnerungen, Gesten, Bewegungen, zwischenmenschlichen Beziehungen. Die Frage, was in einem solchen Tanzarchiv zusammenzutragen ist, ist nicht leicht zu beantworten. Wir müssen alles sammeln, was die Tanzkunst ausmacht – Erinnerung, Bewegung, Objekt! Wir können nicht wissen, was jemandem eines Tages wichtig sein wird. Wir können nicht entscheiden, wie wir jemanden oder etwas nicht ausschließen. Jede Entscheidung kann zur Ausgrenzung führen. Wir müssen versuchen, neue Wege zu gehen, neue Tänze zu finden und neue Tänze für ein neues Archiv zu schaffen. Mehr ist mehr!

 

3. Wechselt die Perspektive!

How do we move from an archival universe dominated by one cultural paradigm to an archival multiverse; from a world constructed in terms of “the one” and “the other” to a world of multiple ways of knowing and practicing, of multiple narratives co-existing in one space?6

Das „archival multiverse“ (Archiv-Multiversum) ist ein Begriff, der von einem Forschungsteam unter der Leitung der Herausgeber:innen Anne J. Gilliland, Sue McKemmish und Andrew J. Lau eingeführt wurde. Er beschreibt interdisziplinäre – auch multiperspektivische – Archivkonzepte, die scheinbar unvereinbare kulturelle Ausdrucksformen, Verständnisse und Epistemologien umfassen. Als wichtiger Ausgangspunkt und Quelle für die Veröffentlichungen des Teams ermöglichen die Wissens- und Überlieferungsmethoden indigener Gemeinschaften auf dem amerikanischen Doppelkontinent sowie in Australien/Ozeanien eine erweiterte Perspektive auf den Begriff des Wissenstransfers, auf die Übermittlung von Erfahrungen und auf die Bewegung von Gedanken. Die Vorstellung, inwiefern Wissen Teil einer Gesellschaft, einer Gemeinschaft, eines Staates ist, muss neu untersucht werden.

Ausgehend von den Theorien der Aufklärung hat die westliche Tradition mit ihrem Streben nach einer Vereinheitlichung des Wissens7 und der Konzentration auf eine gewisse Linearität der Wahrheitsfindung die Wahrnehmung, Konstruktion und Arbeitsweise des Archivs in diesen Bereichen beeinflusst. Daher ist es notwendig, das Archiv neu zu erfinden, um neue und andere Wissensformen einzubeziehen, die sich manchmal sogar widersprechen können. Neue Formen der Anerkennung, Ermächtigung und Sichtbarkeit sind möglich, wenn professionelle akademische Analyseformen Seite an Seite mit praktischem Gemeinschaftswissen, schriftlichen Aufzeichnungen, immateriellen Praktiken und Routinen sowie körperlicher Bewegung stehen.

 

4. Arbeitet zusammen!

In ihrem TED Talk „The danger of a single story“ (Die Gefahr einer einzelnen Geschichte) sagt Chimamanda Ngozie Adichie: „How (stories) are told, who tells them, when they are told, how many stories are told, are really dependent on power“.8 Ein wichtiger Schritt ist, die Notwendigkeit, unterschiedliche Perspektiven anzuerkennen und zu verstehen, wer wir sind, wenn wir eine Geschichte erzählen (nacherzählen, dokumentieren und archivieren).

Seit 2012 treffen sich Vertreter:innen der freien Archive in Deutschland, der sogenannten Bewegungsarchive – wobei hier nicht die Bewegung des Tanzes, sondern politische Bewegungen gemeint sind – regelmäßig, um die Vernetzung ihrer Arbeit zu diskutieren. Zahlreiche kleinere und größere Archive, die aus den Umbrüchen der 1960er Jahre in Deutschland entstanden sind – Umweltinitiativen, queere und feministische Bewegungen, Widerstandsbewegungen gegen die DDR, Friedensbewegungen – dokumentieren die aktive Protestarbeit und legen Sammlungen von Mitteilungen, Flugblättern und Plakaten an. Diese Gruppen tauschen sich über Archivierungsmethoden, rechtliche Folgen und Digitalisierung aus. Die Archive von unten (ein weiterer Name für die Bewegungsarchive) existierten immer parallel zu den etablierten staatlichen und kommunalen Archiven. Diese kleineren Archive mit geringen Budgets (wenn überhaupt), halfen sich ganz pragmatisch gegenseitig und einigten sich auf eine Form des Wissenstransfers, um ihren jeweiligen Sammlungsprozess bis zum heutigen Tag aufrechtzuerhalten.

Diese beiden Beispiele, eher Notizen, entstammen sehr unterschiedlichen Perspektiven im Hinblick auf Fragen der Repräsentation und Beteiligung. Sie können als Hinweis auf die Bedeutung der Zusammenarbeit innerhalb des Archivs interpretiert werden.

Tanzwissen ist, ganz ähnlich wie im Beispiel von Adichie, meist nicht in einer Person, dem:der Archivar:in – dem/der Machthaber:in – konzentriert. Vielmehr muss das Wissen in und zwischen verschiedenen Gruppen, Kollektiven, Gesellschaften gefunden werden – zwischen den gesellschaftlichen Beziehungsformen. Die Akzeptanz unterschiedlicher Zugänge zu tänzerischem Wissen durch verschiedene Formen der Zusammenarbeit ermöglicht es uns auch, eine dezentralisierte Struktur ineinandergreifender Arbeitsweisen zu akzeptieren. 

Darüber hinaus schafft die Zusammenarbeit bei der Archivpflege die Chance auf Nachhaltigkeit der Archivarbeit, wie sie auch in den Archiven von unten geleistet wird. Nur wenn es einen lebendigen Austausch über Archivstrukturen gibt, können auch kleinere Archivstrukturen am Leben erhalten werden (wobei die Finanzierung natürlich immer ein weiteres Problem bleiben wird).

 

5. Erweitert das Denken!

Das Konzept des TanzArchivs Berlin sieht vor, einen Arbeitsprozess an der Schnittstelle von Archivarbeit und künstlerischer Praxis zu konzipieren. Im letzten Jahr hat das TanzArchiv begonnen, ein Netzwerk von Archivkompliz:innen9 aufzubauen, die an verschiedenen Projekten im Bereich der Tanzarchivpraxis arbeiten und ausgehend von unterschiedlichen praktischen und akademischen Perspektiven forschen. Das Netzwerk wird als wichtiger Bestandteil des neuen TanzArchivs weiterwachsen und immer wieder neue Perspektiven im Hinblick auf die Frage einbringen, wie ein Tanzarchiv aussehen sollte.

Apropos Netzwerke: In ihrem laufenden Projekt Touching Margins arbeiten die Tanzkünstler:innen und Wissenschaftler:innen Sasha Portyannikova und Nitsan Margaliot, beide Archivkompliz:innen des TanzArchivs Berlin, mit verschiedenen Künstler:innen und Wissenschaftler:inn10 zusammen, deren eigene künstlerische Forschungsprojekte sich auf die Erkundung der Grenzen von Narrativen und Diskursen der Tanzgeschichte konzentrieren. Zu den von den beteiligten Künstler:innen untersuchten Themen gehören übersehene übergangene Künstler:innen und Lehrer:innen, unterrepräsentiertes Tanzerbe und nicht-westliche Tanztraditionen.

Die zentralen Merkmale und Arbeitsmethoden des Projekts – die lange Dauer, die Langfristigkeit und Pluralität der Forschung, Vorgehensweisen, die es den Forscher:innen erlauben, zu suchen und zu überdenken, zu erkunden und zu verwerfen – befähigen die Teilnehmer:innen, vergessene oder unterrepräsentierte Formen von Tanztechniken, Tanzschulen und Ideen über den Tanz wiederzuentdecken, indem sie auch ihre eigenen Erwartungen an und ihr Wissen über den Tanz verändern. Das Rückgängigmachen und Wiederherstellen, Überdenken und Neuschaffen der Archivarbeit sind notwendige Schritte hin zu neuen Formen der Archivierung und Wissensvermittlung.

Dies aus der Sicht des:der Tanzkünstler:in zu tun, scheint ein naheliegender Schritt beim Aufbau eines Tanzarchivs zu sein, da ein solches Archiv immer auf diese Kunstform ausgerichtet sein sollte. Es ist jedoch weiterhin unüblich, den/die Künstler:in einzuladen, sich an der Verzeichnung seines künstlerischen Wirkens im Archiv zu beteiligen. Die künstlerische Intervention im Archiv, wenn sie denn überhaupt stattfindet, ist immer noch eine Besonderheit im Archivalltag: nice to have, aber nicht zwingend. Die Anwesenheit des/der Künstler:in in verschiedenen Phasen des Archivierungsprozesses ist jedoch dringend erforderlich und sollte die Grundlage eines jeden küsntlerischen Archivs bilden.

 

6. Handelt und interagiert!

Und damit komme ich zu meinem letzten Punkt: Archive sind immer höchst subjektiv. Wenn wir diese Tatsache anerkennen, wird es leichter, dynamische Strukturen des Archivs zu akzeptieren, die von allen in Frage gestellt werden können und so wiederum eine Beteiligung ermöglichen.

Wenn wir Archive nicht als Hüter von Gütern, sondern als soziale und diskursive Räume begreifen, ebnen wir den Weg für diversifizierte Archive. Diese Räume erlauben uns, gängiges Wissen zu verlernen, Neues auszuprobieren und teilzuhaben. Was aber bedeutet Teilhabe in diesem Fall? Um Renate Höllwart (eine der Autorinnen der Publikation „Sich mit Sammlungen anlegen“11 zu zitieren: „Teilhabe meint hier nicht das bloße Hinzufügen von neuen Zielgruppen, sondern vielmehr die Entwicklung von Ansätzen, denen es gelingt, Wissen quer zu den Hierarchien der gängigen und vorherrschenden Wissensproduktion zu entwickeln.“

Die Möglichkeit, das Archiv durch diese zusätzliche fünfte Dimension (nochmals Dimensionen), das Publikum (die ersten vier sind: Künstler:innen, Aktivist:innen, Forscher:innen und Archivar:innen), in einen sozialen Ort zu transformieren, versetzt dieses in eine neue Position. Ein notwendiger Vorgang, der auch  die Notwendigkeit anerkennt, dass alle Gedächtnisinstitutionen– Museen, Bibliotheken und Galerien gleichermaßen – so umzugestalten sind, dass Menschen, dass die Öffentlichkeit Teil ihrer Wissensproduktion werden.12

Teilhabe setzt in diesem Zusammenhang voraus, dass das Publikum des Archivs in der Lage ist, sich nicht nur passiv, sondern auch aktiv zu beteiligen – zwischen Beobachtung von und Interaktion mit dem Archiv, zwischen dem Erlangen und der Vermittlung von Wissen. Sie ist ein Kernelement des „In-der-Welt-Seins“ des Archivs, seiner Kontemporanität und Relevanz.


1 Eine umfassendere Einführung in die verschiedenen Implikationen und Auswirkungen des Archival Turn findet sich in: Gilliland, Anne J.; McKemmish, Sue; Lau, Andrew J.: Research in the archival multiverse, Monash University Publishing, Clayton Australien 2016. Dieses Dokument ist offen zugänglich unter https://library.oapen.org/handle/20.500.12657/31429

2 Ebd., z. B. S. 25, S. 45, S. 577 u.a.

3 Ebd., S. 31

4 Die Expert:innen sind: Doris Kolde, Claudia Feest, Claudia Henne, Alex Hennig und ich. Gemeinsam mit den Berliner Tanzvereinen Zeitgenössischer Tanz Berlin und Tanzbüro Berlin entwickeln wir derzeit ein erstes Konzept für das zukünftige TanzArchiv Berlin. Die Berliner Tanzszene wurde im Rahmen einer Reihe öffentlicher Veranstaltungen in diesen Prozess einbezogen.

5 Gianachi, Gabriella: Architecture, Memory, and the Archive; in: Archive everything. Mapping the everyday; The MIT press Cambridge USA, 2016, S. 60

Deutsche Übersetzung (Claudia Jones): „Im Archiv wird unsere Präsenz festgehalten und ihre Spuren in Beziehung zum zeitlichen Verlauf interpretiert. Und im Archiv kann Geschichte als subjektive Erinnerungen erlebt und subjektive Erinnerungen können als kollektive Geschichte ausgeformt werden.“

6 Zitat aus Archival Multiverse (s.o.) mit Verweis auf den Artikel: „Educating for the Archival multiverse“, Gilliland, Anne J.; McKemmish, Sue; Lau, Andrew J.: Research in the archival multiverse, Monash University Publishing, Clayton Australien 2016, S.9.

Deutsche Übersetzung (Claudia Jones): “Wie kommen wir von einem Archiv-Universum, das von einem einzigen kulturellen Paradigma beherrscht wird, zu einem Archiv-Multiversum; von einer Welt, die auf Begriffen wie „das eine“ und „das andere“ aufgebaut ist, zu einer Welt der vielfältigen Wissens- und Praxisformen, der vielfältigen Erzählungen, die zusammen in einem Raum existieren?“

7 Gianachi, Gabriella: A brief history of the Archive; in: Archive everything. Mapping the everyday; The MIT press Cambridge USA, 2016, S. 1.

Deutsche Übersetzung (Claudia Jones): „Wie (Geschichten) erzählt werden, wer sie erzählt, wann sie erzählt werden, wie viele Geschichten erzählt werden, hängt sehr von den Machtverhältnissen ab.“

9 Die Archivkompliz:innen des Tanzarchivs Berlin, die teils über eine offene Ausschreibung, teils auf direkte Einladung hin gefunden wurden, sind Andrea Keiz, Kirsten Maar, Irene Sieben, Christopher Drum, Nitsan Margaliot, Sasha Portyannikova, Anna Chwialkowska, Teresa Fazan, Antonia Gersch, Agata Siniarska, Netta Weiser mit Unterstützung von Jette Büchsenschütz.

10 Die Gruppe wächst stetig weiter, beginnend mit dem Projekt „Touching margins“ mit Beteiligung von Peter Pleyer, Laurie Young, Przemek Kamiński , Elisabeth Hampe, Michiyasu Furutani, Christelle Ahia Kamanan, Kasia Wolińska und Agata Siniarska im Jahr 2020 und weiter mit dem durch das NPN geförderte Projekt „Moving margins“ im Jahr 2021 (Amelia Uzategui Bonilla, Bianac Mayasari Figl und erneut Christelle Ahia Kamanan, Kasia Wolińska , Agata Siniarska).

11 Höllwart, Renate: Eine Beziehung mit offenem Ausgang. Sammeln als Versammeln, Vermitteln, Verlernen, in: Martina Griesser-Stermscheg, Nora Sternfeld und Luisa Ziaja (Hrsg.): Sich mit Sammlungen anlegen. Gemeinsame Dinge und alternative Archive. De Gruyter, Berlin/Boston 2020, S. 160.

12 Siehe Renate Höllwarts Text für einen umfassenden Vorschlag im Hinblick auf ein „neues Museum“.

Christine Henniger ist Projektleiterin der Mediathek für Tanz und Theater am ITI - Zentrum Deutschland. Sie koordiniert im diesem Rahmen den ITI-Schwerpunkt Kulturelles Erbe der Darstellenden Künste / Archiv und Praxis, der die Themenfelder Forschung, Digitalisierung und Vermittlung in Verbindung mit der Praxis in den Performing Arts und in den Archiven umfasst. Studium der Philosophie und Linguistik an der Humboldt-Universität zu Berlin.