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55 Min

21.12.2021

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Lisa Gaupp

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Elena Fiebig

WIE MAN VIELFALT UND ANDERSARTIGKEIT IN DER GLOBALEN PERFORMANCEKUNST KURATIERT

(Essay mit einem Interview mit Claude Jansen)

Der vorliegende Artikel ist eine gekürzte deutsche Fassung des 2021 bei De Gruyter in Open Access erschienenen englischen Originals: Gaupp, L. (2021), 'How to Curate Diversity and Otherness in Global Performance Art'.1

Globale Performancekunst wird oft als grenzenlos und international präsentiert. Durch international tätige Kurator:innen, ihre Festivals und andere Kulturorganisationen hat sich ein globaler Markt entwickelt, der nach dem Motto „Diversity“ (Peres da Silva & Hondros, 2019) für mehr Inklusivität stehen möchte. Gleichzeitig werden globale Kunstwelten jedoch als „zu international“ (Buț, 2017) und als Standardisierungen eines internationalen Kanons kritisiert, der beispielsweise geflüchtete Künstler:innen weitgehend ausschließt. Ist Vielfalt also ein „weißes Wort“2 (Cañas, 2017)?

Den theoretischen Rahmen für diesen Beitrag bilden verschiedene postkoloniale und transkulturelle Perspektiven, um die Anwendung unterschiedlicher Narrative von „Vielfalt und Andersartigkeit“ im Feld der globalen Performancekunst zu vergleichen und zu kritisieren.3 Diese Diskussion versucht eine Antwort auf die Forschungsfrage zu finden, wie Diversität und Andersartigkeit kuratiert werden können, ohne Zuschreibungen zu verfestigen, zu paternalisieren oder zu exotisieren. Die Frage ist auch, wie kuratorische Praxis dekolonialisiert werden kann, während Strukturen und Praktiken des Neokolonialismus, sozialer Ungleichheit und Ausgrenzung auf globaler Ebene fortbestehen.

Im Fokus stehen sowohl die Repräsentation von Vielfalt und Andersartigkeit auf global agierenden Performancekunst- und Musikfestivals und in anderen Kulturorganisationen als auch die Performativität von Vielfalt und Andersartigkeit in diesen Praxisfeldern. Während Erstere alle strukturellen Bedingungen umfasst, die die (Re‑)Präsentation intersektionaler Vielfalt und Andersartigkeit beeinflussen, beschränkt sich Letztere auf Praktiken und Strategien der Inszenierung von transkultureller Vielfalt und Andersartigkeit als ambivalent und grenzüberschreitend. Mit anderen Worten, wir werden einen Blick darauf werfen, wie die Konzepte der intersektionalen und transkulturellen Vielfalt und Andersartigkeit auf das Feld der Kulturproduktion angewendet werden, sowohl in ihrer symbolischen Verwendung in Repräsentationspolitiken (wie das Streben nach gleichberechtigtem Zugang) als auch im Hinblick darauf, wie in diesen Feldern grenzüberschreitende Konzepte durchgeführt, verhandelt und vermittelt werden.

Intersektionale Ansätze zu Diversität und Andersartigkeit in der globalen Performancekunst konzentrieren sich typischerweise auf ungleiche Wirtschafts- und Machtverhältnisse im globalen Maßstab und auf Versuche, diese Ungleichheiten zu überwinden. In diesem Zusammenhang werde ich einerseits Ansätze diskutieren, die Inklusion durch Strategien der intersektionalen Vielfalt steigern wollen. Andererseits wende ich einen Blick darauf, wie Praktiken intersektionaler Andersartigkeit häufig gleichzeitig die Exklusion in den Künsten erhöhen. Der intersektionale Ansatz bezieht sich dabei auf mehrere, sich überschneidende Identitätskategorien, die jeweils auf weitere Differenzierungsmerkmale einwirken.

"Transkulturelle Vorstellungen von Diversität und Andersartigkeit in der globalen Performancekunst fokussieren hingegen, wie mehrdeutige kulturelle Symbole von Verschränkung, Vernetzung und Zwischenräumen in der kuratorischen Praxis verhandelt, standardisiert und dekonstruiert werden."

Transkulturelle Vorstellungen von Diversität und Andersartigkeit in der globalen Performancekunst fokussieren hingegen, wie mehrdeutige kulturelle Symbole von Verschränkung, Vernetzung und Zwischenräumen in der kuratorischen Praxis verhandelt, standardisiert und dekonstruiert werden. Kuratieren wird in diesem Artikel dabei als eine soziale Praxis konzeptionalisiert, die sowohl ermöglicht als auch begrenzt, und die in ein komplexes soziales Feld von Strukturen eingebettet ist (Davida et al., 2019; Lind, 2012; Buden, 2012; Rugg & Sedgwick, 2012).

Methodisch basiert dieses Kapitel auf Literaturrecherchen. Ergänzt werden diese durch eigene empirische Daten aus der Praxis sowie durch einige zusätzliche „Good- oder Bad-Practice-Beispiele“. Empirische Ergebnisse, die in dieses Kapitel einfließen, leiten sich aus qualitativen Expert:inneninterviews ab, die ich im Zeitraum 2014–2018 mit 26 Kurator:innen, Dramaturg:innen, Künstler:innen und Vertreter:innen von Kulturorganisationen im Feld global agierender Performancekunst- und Musik-Festivals geführt habe. Dieses Kapitel basiert darüber hinaus im Wesentlichen auf einem Interview mit Claude Jansen, einer Wissenschaftlerin, Performerin, Dramaturgin und Kuratorin aus Hamburg. Dieses Interview diente als Basis einer Diskussion über die Möglichkeiten einer Dekolonialisierung von „Curating Performance Art“. Wie lassen sich Dualismen und Dichotomien von Diversität und Andersartigkeit überwinden, wie können Repräsentationspraktiken transformiert und in ein kontextualisierteres Verhältnis gesetzt werden?

Repräsentation von Vielfalt und Andersartigkeit – ein intersektionaler Ansatz

Werfen wir zunächst einen Blick auf die Praxisfelder der globalen Performancekunst und sehen wir uns an, wie unterschiedliche akademische Studien zu Intersektionalität soziale Ungleichheiten und Mehrfachdiskriminierungen betrachten. Wie bereits ausgeführt, orientieren sich Narrative von intersektionaler Vielfalt und Andersartigkeit meist an der Annahme, dass Felder globaler Kulturproduktion mit Wirtschafts- und Machthierarchien verwoben sind. Soziale Ungleichheiten, die aus gesellschaftlichen Determinationsprozessen resultieren, sollen überwunden werden. Eine weitere wichtige Orientierung ist oft das Bestreben, nicht nur ungleiche Machtverhältnisse aufzudecken, sondern auch innerhalb dieser Kulturfelder unter anderem durch Dekolonialisierung mehr Gleichberechtigung und Inklusivität zu erreichen. So werden Unterschiede zwischen Menschen oder größeren sozialen Gruppen entweder betont, um Außenstehende dieser Gruppe auszuschließen und damit die Mitglieder der Gruppe zu mehr (politischer, kultureller etc.) Repräsentation zu verhelfen, oder eine auf Vielfalt basierende Einheit wird in ebendiesem Sinne hervorgehoben, um Menschen mit unterschiedlichen und sich überschneidenden multiplen Identitätsmerkmalen einzubeziehen.

Die Debatte in der globalen Performancekunst konzentriert sich oft auf Konzepte wie Partizipation, Repräsentation, Zugang und Inklusion (Gaupp, 2016). Fragen, die in diesen Kontexten aufgeworfen werden, sind beispielsweise, wie Individuen auf die Essentialisierung von Gruppenidentitäten reagieren und sich stattdessen selbst ermächtigen können, wie Kulturorganisationen Inklusion ohne Othering fördern können und wie institutionalisierte Identitätspolitik Ausgrenzung vermeiden kann (Dobusch et al., 2020). Nehmen wir zum Beispiel an, man möchte ein vielfältigeres Publikum für Kulturaufführungen in Deutschland ansprechen. Im Fokus der Debatte steht insbesondere die Partizipation bisher nicht vertretener Bürger:innen, insbesondere junger Menschen und (junger) Zuwanderer:innen. Weil das Publikum von morgen durch die öffentlich geförderte Kultur nicht ausreichend erreicht wird, sind vor allem die etablierten, öffentlich geförderten Kulturorganisationen unter starken politischen Druck geraten, ihre Legitimität unter Beweis zu stellen. Gerade nach der sogenannten „Flüchtlingskrise“ im Jahr 2015 können diese Argumente zu der Situation führen, dass man beispielsweise in Berlin kaum einen Geflüchteten findet, die:er nicht von mindestens drei Kulturorganisationen angesprochen wurde, ob er oder sie an einem Kulturprojekt teilnehmen möchte (Henze, 2017).

Wie ich in meiner Dissertation (2016) zeigen konnte, hat sich die Kulturpolitik gegenüber Menschen mit Migrationshintergrund in Deutschland seit den 1960er-Jahren meist entlang von Konzepten der Inter- und Multikulturalität entwickelt. Interkulturelle oder multikulturelle Kulturkonzepte folgen einem traditionellen, nationalstaatlichen Kulturkonzept und fördern damit Unterschiede zwischen einer homogenen „Minderheit“ und einer homogenen „Gastgesellschaft“. Dadurch konstruieren und kennzeichnen sie ihre Zielgruppe durch Fremdheitsmarker, die die Mechanismen des Otherings aufzeigen (vgl. auch Köhl, 2001).

Dies ist auch bei einigen Ansätzen des sogenannten interkulturellen Audience Development der Fall (Haberkorn, 2010; Mandel, 2014). Angenommen, man möchte hier bisher unterrepräsentierte Menschen in Kulturaufführungen einbeziehen, indem man eine Agenda der Diversity Affirmation entwirft und umsetzt. Auch wenn Daten zeigen, dass eine Unterrepräsentation vorherrscht (Horz, 2014) und sich etablierte Machthierarchien, die oft von als männlich und weiß gelesenen Personen dominiert werden, kaum ändern, gerät ein solcher Ansatz zum Beispiel für die Zielgruppe „Einwanderer:innen“ in Gefahr, bestimmte Identitätsmerkmale gegenüber anderen zu essentialisieren. Es betont auch die Kluft zwischen „wir“ und „ihnen“ und fördert so eher Ausgrenzung als Inklusion.

Andere Ansätze schlagen dagegen die Dekolonialisierung von Praxis und Wissenschaft vor, indem plurale und transdisziplinäre Stimmen einbezogen werden (Karetzos, 2012). Bei einem solchen Ansatz können jedoch andere Schwierigkeiten auftreten.

"Je mehr Menschen sich beispielsweise an Kuratierungsprozessen beteiligen, desto differenziertere (politische) Agenden müssen ausgehandelt werden, um ein gemeinsames Ziel zu erreichen"

Je mehr Menschen sich beispielsweise an Kuratierungsprozessen beteiligen, desto differenziertere (politische) Agenden müssen ausgehandelt werden, um ein gemeinsames Ziel zu erreichen. Diese Agenden können mehr oder weniger individuell sein, zum Beispiel durch Festhalten an einem bestimmten künstlerischen Verständnis, oder sie können mit Gruppenidentitätspolitiken verbunden sein, wie etwa der Wunsch, die Repräsentation einer bestimmten sozialen Gruppe zu erhöhen. Beispielsweise in einem transnationalen Kooperationsprojekt zwischen deutschen und „afrikanischen“ Künstler:innen, das

„in Referenz zur panafrikanistischen Idee [entstanden ist], die es ja vor 100 Jahren als erste, entsprechend der Verhandlungen mit den Partnerinnen und Partnern aus dem jeweiligen Land nach diesen Ideen gibt. Und dass eben viele meiner Co-Produktionspartnerinnen aus den Ländern sagen, dass sie die nationalen, kolonialen Grenzen nicht anerkennen und deswegen, eigentlich, aus ihrer Position, erneut von Afrika als einem Kontinent sprechen. Wobei und da haben wir schon den ersten Graben zu der Diaspora, die natürlich sehr stark auf ‚Africa is not a country’, eben sehr stark, in den Schulungsprozessen der Europäer:innen darauf verweist, dass es eben viele Länder gibt und Afrika nicht der Illusionskontinent ist, mit all den Fantasien und so. Und da geht es eigentlich schon los: dann hast du eigentlich zwei Positionen, nämlich zum einen die diasporische, aufklärerische, die das aufdröseln möchte, aus einer Position, die ich absolut richtig finde, einerseits. Aber wie gesagt, in den afrikanischen Ländern kenne ich sehr viele Künstlerinnen und Künstler, die aus einem sehr starken politischen Zusammenhang kommen, die viel radikaler wieder von Kontinent sprechen” (Jansen, persönliche Kommunikation, 17. Oktober 2018).

Zudem sind beide Positionen situativ noch stärker gespalten. Die „deutsche Seite“ kann unter anderem durch Förderprogramme und/oder postkoloniale Theorien heterogen beeinflusst werden, „wobei [diese Seite] ja das afrikanische Klischee auflösen will in Deutschland. Während die Afrikanerin sagt, ‚was interessieren mich eure Klischees?‘“. Zudem weichen die „afrikanischen“ Positionen „zwischen Namibia und Südafrika bereits sehr vehement voneinander ab.… Und da kommen dann noch einmal zig Positionen rein.“ (Jansen, persönliche Kommunikation, 17.10.2018). Somit kann eine solche intersektionale Vielfalt von Stimmen sowohl emanzipatorische Ansätze bieten als auch intersektionale Andersartigkeit festigen, indem sie die Unterschiede zwischen allen Perspektiven betont.

Es gibt zahlreiche wissenschaftliche Studien, die die Machtverhältnisse in verschiedenen Feldern der globalen Kunst analysieren, welche eher Ausgrenzung als Inklusion fördern. Ein Großteil dieser Ansätze zu intersektionaler Andersartigkeit in globaler Kulturproduktion konzentriert sich auf die visuelle Kunst. Insbesondere die Debatten um die Einrichtung des Humboldt-Forums im Zentrum Berlins als Ausstellungsraum „der Kulturen der Welt“ (Stiftung Humboldt Forum im Berliner Schloss, o. J.; Di Blasi, 2019), die Dekolonialisierung ethnologischer Museen, wie das ehemalige Museum für Völkerkunde Hamburg, das in das MARKK Hamburg umgewandelt wurde (Kraus & Noack, 2015), postkolonial orientierte Biennalen wie die documenta XI3 (2002 in Kassel) und das Thema koloniale und NS-Raubkunst und deren Restitution haben in mehreren wissenschaftlichen Disziplinen große Aufmerksamkeit erregt (Rother, 2017; Macdonald, 1996). Andere Autor:innen fokussieren auf „Outsider Art“ (Zolberg & Cherbo, 1997) von unterrepräsentierten bildenden Künstler:innen wie „primitive African Art“ (Zolberg, 1997) oder auf Machthierarchien in der visuellen Kunst (Below & von Bismarck, 2005; Behnke et al. 2015; Buchholz & Wuggenig, 20054).

Angelegt an solche Kritik entwickeln sich in der Praxis neue Identitätspolitiken und Interessengruppen wie die Initiative Bündnis kritischer Kulturpraktiker_innen oder Diversity Arts Culture. Beide Organisationen veranstalten Konferenzen und kulturelle Veranstaltungen, die die genannten Ausschlüsse nicht reproduzieren sollen. Um gegen rassistische und rechtsextreme Angriffe auf Kulturorganisationen und Künstler:innen in Deutschland zu protestieren, wurde 2017 der Verein DIE VIELEN gegründet, der neben der Ausrichtung von zahlreichen Veranstaltungen wie Anti-rassistischen Vorträgen und Diskussionen5 die Erklärung Wir sind Viele veröffentlichte. An anderer Stelle werden jedoch wiederum die exkludierenden Effekte solcher Diversity-affirmative-Actions kritisiert, wenngleich dennoch die Notwendigkeit anerkannt wird, mittelfristig einer solchen Agenda zu folgen, um die hierarchischen und neokolonialen Strukturen des Kulturfeldes langfristig zu verändern (siehe auch Kultur öffnet Welten).

Eine Studie des globalen Medienunternehmens Pitchfork zum Thema Diversity, die sich mit den Besetzungen der großen populären Multi-Genre-Musikfestivals in den USA und Kanada befasst, zeigt, dass 2017 tendenziell dieselben Gruppen und Künstler:innen auf diesen Festivals spielten, und dass diese Künstler:innen hauptsächlich aus Europäischen Ländern stammten oder zumindest im sogenannten „Westen“ ansässig waren. (Pitchfork, o. J.) Diese Studie zeigte auch, dass es in der amerikanischen und kanadischen Festivalszene eine Homogenität in Bezug auf das Geschlechterverhältnis und andere Diversitätsmerkmale gibt, „insbesondere in Richtung der Spitze der Gagen“ (Bishop, 2018). Diese Ergebnisse sind ähnlich, wenn wir uns die Programme öffentlich geförderter Festivals in Europa ansehen. Auf diesen Festivals spielen dieselben Gruppen und Künstler:innen, hauptsächlich Künstler:innen aus europäischen Ländern oder zumindest aus dem sogenannten „Westen“.

Bei diesen Repräsentationsfragen sind auch strukturelle Rahmenbedingungen zu berücksichtigen, etwa die Finanzierungsstrategien der Festivalmacher:innen selbst. Um beispielsweise die Kosten niedrig zu halten, bilden Festivals Netzwerke, um neue Produktionen zu koproduzieren. Diese pragmatische Strategie hat Konsequenzen für die Vielfalt, da sie dazu beiträgt, dass bei einem Großteil dieser Festivals in der „Westlichen“ Welt dieselben Gruppen gebucht werden (Gaupp, 2020). Ein weiteres sehr einflussreiches Thema betrifft Visa-Genehmigungen, die manchmal Musiker:innen aus bestimmten Ländern an Tourneen oder Reisen hindern. Auch wenn es einer Plattenfirma gelingt, Künstler:innen für Aufnahmen nach Deutschland zu holen, können andere Probleme bei der Zahlung von Tantiemen an die Musiker:innen entstehen, da nicht jedes Land eine Lizenzgesellschaft wie die GEMA in Deutschland aufweist (Plattenlabel-Vertreter:in, persönliche Kommunikation, 3. Mai 2018).

"Aus diesem Grund könnte man meinen, dass diese Netzwerke, Visabedingungen und Lizenzgebühren eine Art geschlossener Kreis eines „Westlichen“ männlichen „weißen“ Kanons in den globalen Künsten bilden würden"

Aus diesem Grund könnte man meinen, dass diese Netzwerke, Visabedingungen und Lizenzgebühren eine Art geschlossener Kreis eines „Westlichen“ männlichen „weißen“ Kanons in den globalen Künsten bilden würden. In einem Interview, das ich mit einer Kuratorin geführt habe, sagte sie jedoch, dass diese Netzwerke manchmal eine sehr gute Möglichkeit für unbekannte Künstler:innen sind, auf internationaler Ebene produziert zu werden. Schließlich braucht es nur eine:n der kuratorischen Gatekeeper, um die Netzwerkmitglieder zu überzeugen, damit eine Arbeit entsteht. Sobald ein:e Künstler:in an den größeren und etablierteren Festivals teilnimmt, werden andere Kurator:innen außerdem eher bereit sein, die:enselbe:n Künstler:in zu produzieren (Gaupp, 2020).

Jedoch existiert immer noch ein nationalistischer Fokus in diesem Prozess. Eine Kuratorin bringt dies treffend zum Ausdruck, wenn sie feststellt, dass sich nationale Förderinstitutionen – vor allem aufgrund der Finanzkrise – eher auf ansässige Künstler:innen konzentrieren (Kaup-Hasler, 2012). Schließlich haben

„territoriale bzw. nationale Kriterien … ungeachtet ihrer Zurückweisung in einem Feld mit kosmopolitischem Selbstverständnis offenbar nach wie vor Bedeutung. Künstler/innen, die nicht auf eine nordwestliche geografische Herkunft zurückblicken, sind in jedem Zentrum des Kunstfeldes nach wie vor schwach vertreten, in dem sich die Akteure mit hoher feldspezifischer symbolischer Anerkennung konzentrieren. ... aus feldtheoretischer Perspektive [gibt es hierfür] Gründe ..., die nicht zuletzt in der institutionellen Struktur des sozialen Systems der Kunst zu suchen sind, d. h. in der Verteilung relevanter Ressourcen” (Buchholz & Wuggenig, 2012, S. 179).

Beispielsweise versuchen viele Festivals der darstellenden Künste, die Weniger Ansätze scheinen zu diskutieren, wie Inklusion in kulturellen Organisationen erreicht werden kann, die einen Ansatz der intersektionalen Vielfalt verfolgen und/oder sich neben der bildenden Kunst auf andere Kunstgattungen konzentrieren. Johan Kolsteeg veröffentlichte beispielsweise einige Studien zu Inklusionsstrategien in einem Niederländischen Theater. Darin zeigt er, dass ein solch komplexer Prozess nicht nur die Struktur der Organisation selbst berücksichtigen muss (etwa durch die Implementierung flexibler Managementstrukturen oder eine rotierende Projektleitung), sondern auch eine sorgfältig ausgearbeitete Strategie zur Publikumsentwicklung (zum Beispiel durch Fokussierung auf ein „Nischendelta“) verfolgen sollte. Ebenso wichtig sind die Stakeholder der Kulturorganisation (durch Einbeziehung pluraler Kooperationen mit lokalen und regionalen Partner:innen) sowie die Entwicklung einer Talententwicklungsstrategie (zum Beispiel durch die Verbindung des Lokalen mit dem Globalen) (Kolsteeg, 2019). Nur durch die Berücksichtigung all dieser Ebenen (und wahrscheinlich noch mehr in anderen Kontexten) und durch die Etablierung des sozialen Dreiecks aus Autorität, Kooperation und Vertrauen von Richard Sennett (2003), kann soziales Unternehmertum in einer kulturellen Organisation erreicht werden, was für Inklusivität als Ausgangspunkt kultureller Demokratie steht (Kolsteeg, 2019).

Das Festival Theater der Welt 2017 in Hamburg diskutierte beispielsweise Themen rund um Diskriminierungsprozesse. Ein weiteres Beispiel stammt aus der Musikbranche und heißt Keychange Initiative, die im Oktober 2019 auf dem Reeperbahn-Festival in Hamburg mit 1,4 Millionen Euro aus dem EU-Förderprogramm Creative Europe bewilligt wurde. Ziel der Initiative ist es, bis 2022 ein 50:50-Geschlechter-Verhältnis in der Branche durch verschiedene Aktivitäten wie die gezielte Unterstützung von Künstlerinnen zu erreichen.

Darüber hinaus versucht auch die Kulturpolitik, intersektionale Vielfalt zu erhöhen und dadurch eine inklusivere Gesellschaft aufzubauen, indem sie dem Modell der kreativen Gerechtigkeit von Zugang, Vielfalt, Inklusion und Gerechtigkeit folgt (Cuyler, 2019). Dabei unterscheidet J. P. Singh zwischen den folgenden vier verschiedenen internationalen kulturpolitischen Diskursen, die in der Grauzone zwischen Konsens und Konflikt operieren: Konsens kann auf nationalstaatlicher Ebene erstens entweder durch hierarchische Strukturierung oder zweitens horizontal über unterschiedliche Akteur:innen erreicht werden. Konfliktorientiertere Diskurse resultieren eher aus sozialem Druck, entweder drittens durch Mobilisierung von Diskursen sozialer Bewegungen oder viertens durch Gegendiskurse beispielsweise von Gemeinschaftsprojekten (Singh, 2019). Können diese Beispiele den Weg aufzeigen, intersektionale Vielfalt in den globalen Künsten zu unterstützen und ungleiche Machtstrukturen zu dekolonialisieren? Diese und andere Möglichkeiten, globales Kuratieren zu dekolonialisieren und Diversität statt Andersartigkeit zu kuratieren, werden wir später in der Diskussion noch einmal aufgreifen.

Die Performativität von Vielfalt und Andersartigkeit – ein transkultureller Ansatz

Wenden wir uns nun den Konzepten der transkulturellen Vielfalt und Andersartigkeit zu und untersuchen, wie diese Konzepte in der Praxis der Performancekunst angewendet werden. Zu diesem Zweck werden wir uns auf die Performativität von Diversität und Andersartigkeit konzentrieren und über die Praktiken und Strategien sprechen ebendiese kulturübergreifend zu performen. Während sich der vorherige Abschnitt, der sich der Darstellung intersektionaler Vielfalt und Andersartigkeit in den Künsten widmete, hauptsächlich auf Einzelpersonen oder Gruppen konzentrierte, fokussiert sich dieser Abschnitt auf die ästhetischen Kunstformen und insbesondere auf die Art und Weise, wie künstlerische Praktiken ausgeführt werden. Diese Praktiken werden als grenzüberschreitend und transkulturell präsentiert, was bedeutet, dass sie entweder keinem reinen Genre oder keiner reinen Herkunft zugeschrieben, sondern eher global und/oder hybrid angesehen werden (Davida, 2011), oder dass sie Möglichkeiten des Dazwischen eröffnen und Neuinterpretationen etablierter Ordnungsmuster ermöglichen.

Ebenso können diese Performativitäten von Vielfalt und Andersartigkeit auch als Vielfalt in den Künsten, ästhetische Vielfalt oder Vielfalt kultureller Ausdrucksformen bezeichnet werden, wie sie beispielsweise in der UNESCO-Konvention zum Schutz und zur Förderung der Vielfalt kultureller Ausdrucksformen von 2005 definiert wurde (UNESCO, 2013). Der Konvention zufolge ist das zentrale Ziel, die Sichtbarkeit der globalen künstlerischen Vielfalt zu erhöhen. Kulturelle Vielfalt strebt im Fall der UNESCO-Konvention nicht weniger als den weltweiten Frieden an; in der Konvention ist zu lesen: „Kulturelle Vielfalt, Gedeihen im Rahmen von Demokratie, Toleranz, sozialer Gerechtigkeit und gegenseitiger Respekt zwischen Völkern und Kulturen ist für Frieden und Sicherheit auf lokaler, nationaler und internationaler Ebene unabdingbar“ (UNESCO, 2013, S. 3). Wie ich zeigen werde, bleibt dies eine der anspruchsvollsten Aufgaben in der globalen Kunstwelt. Die UNESCO-Konvention wurde gegründet, um der weiteren Liberalisierung des Weltmarktes für Kulturgüter und der Marktbeherrschung der USA in den 1980er-Jahren entgegenzuwirken. Verbunden mit diesen Entwicklungen sind Diskurse über das Potenzial kultureller Ausdrucksformen für gesellschaftliche Transformation (Lettau & Knoblich, 2017; Kagan 2011) sowie friedensstiftende Aktivitäten durch Kulturpolitik (UNESCO, 2013; Schneider & Gad, 2014). Für Singh ist diese von der UNESCO geführte Kulturpolitik jedoch als protektionistisch zu kritisieren, da diese und weitere internationale Regelungen nationale Identitätskonstruktionen privilegieren, die ihrerseits von postkolonialen Interessengruppen im Kampf um indigene Rechte genutzt werden (Singh, 2019).

Ein weiteres Beispiel für die widersprüchlichen Ergebnisse transkultureller Agenden ist das Nationale Festival für Iranische Volksmusik, zu dem ich 2017 zu Feldforschungszwecken eingeladen wurde. Dieses nationale Festival wird von der Regierung durch den Iranischen Musikrat organisiert. Es konzentriert sich ausschließlich auf das Genre der Volksmusik, aber in der Praxis findet sich dort eine enorme transkulturelle Vielfalt an Instrumenten, Volksmusikstilen, Idiomen, Sprachen, Kleidung usw., die wiederum die nationale Einheit auf der Grundlage künstlerischer Vielfalt unterstützt.

Der Fokus der von mir durchgeführten empirischen Studie liegt auf dem „Genre“ Performancekunst im Allgemeinen und speziell auf Musik, die als jede Art von Klangpraxis im weitesten Sinne verstanden wird (Small, 2010). Darüber hinaus bietet die Performancekunst angesichts meines Forschungsschwerpunkts Diversität ein sehr geeignetes Forschungsfeld, da sie eine Vielfalt von Kunstgattungen und -kategorien umfasst:

„Historisch gesehen ist Performancekunst ein Medium, das Grenzen zwischen Disziplinen und Geschlechtern, zwischen Privatem und Öffentlichem, zwischen Alltag und Kunst herausfordert und sprengt, und das keinen Regeln folgt. Dabei hat es andere Disziplinen angeregt und beeinflusst – Architektur als Ereignis, Theater als Bild, Fotografie als Performance.“ (Fischer-Lichte & Roselt, 2001, S. 241)

Ein anderer, aber sehr ähnlicher Ansatz, konzentriert sich auf die Künste im Allgemeinen oder auf Kunstfestivals im Hinblick auf dieses Organisationsformat. Viele Kurator:innen kommen zu Biennalen wie der documenta, um „neue“ Künstler:innen zu finden, die Genregrenzen überschreiten wie im Fall des visuellen Videokünstlers Wael Shawky, der beim Festival Theater der Welt 2017 in Hamburg eine Performance auf der Theaterbühne produzierte. Sein Bühnenbild ist ein visuelles Kunstwerk für sich, das von Musik-, Schauspiel- und Tanzelementen umgeben und eingebettet ist.

Dennoch steht Musik nach wie vor im Fokus meiner Forschung. Ich habe zum Beispiel die Kurator:innen gefragt, warum sie Musik in ihr Programm aufnehmen. Auf diese Frage gibt es viele Antworten. In den meisten Theater- und Tanzaufführungen ist die musikalische Ebene standardmäßig stark ausgeprägt. Deshalb ist Musik für eine Kuratorin, die ich interviewt habe, wichtig. Für die Durchführung reiner Musikkonzerte könnten in der Regel eher spezialisierte Institutionen der Stadt diese Aufgabe erfolgreicher lösen (zwei Festivalkurator:innen, persönliche Kommunikation, 26. Mai 2015). Ein weiteres Performancekunst-Festival wurde als Musikfestival gegründet und nahm erst später weitere Theater- und Tanzaufführungen ins Programm, behält aber ein großes Musikprogramm bei (Festivalkurator:in, persönliche Kommunikation, 28. Mai 2015). Ein weiteres Festival präsentiert nachts ein großes populäres Musikprogramm zur „Geselligkeit“ und zum „Genuss“ des Publikums (Festivalkurator:in, persönliche Kommunikation, 17. Juni 2015). Ebenfalls in derselben Stadt gibt es ein weiteres Festival für darstellende Kunst mit dem Schwerpunkt auf zeitgenössischer Musik statt auf Theater- oder Tanzaufführungen, um nicht in direkter Konkurrenz zu den anderen Festivals für darstellende Kunst oder Tanzfestivals zu stehen, die sich inzwischen in der Stadt etabliert haben (Festivalkurator:in, persönliche Kommunikation, 14. Juni 2015).

Wie wir sehen können, scheinen die Praktiken in der Performancekunst auf der Ebene der transkulturellen Diversität die transkulturelle Vielfalt zu fördern, da Genregrenzen aufgelöst werden und unterschiedlichste künstlerische Ansätze in diese Festivals einbezogen werden. Betrachtet man jedoch die Unterschiede zwischen den verschiedenen Genres in den Augen der Kurator:innen genauer, so scheinen bestimmte Praktiken der transkulturellen Andersartigkeit vorherrschend zu sein. So wird beispielsweise das Genre Musik6 leicht diskriminiert, wenn es als „leicht zu konsumierendes“ Genre bezeichnet wird, im Gegensatz zu einer „intellektuell anspruchsvolleren Theateraufführung“. Natürlich gibt es noch viel mehr Gründe für einen solchen kuratorischen Ansatz, aber insgesamt werden künstlerische Genregrenzen angesichts des genreübergreifenden Ansatzes der Performancekunst im Allgemeinen eher aufgelöst als verfestigt.

In den Performance Studies lässt sich eine Verschiebung zum „Globalen“ feststellen, wodurch die Performancekunst innerhalb der „Mobility, Transnational and Global Turns“ (Bachmann-Medick, 2016) verortet wird. Schließlich haben ähnliche Debatten mit Fokus auf „global arts“ auch den Theatersektor beeinflusst. Auf der Ebene der Theatertexte und Performances, also der künstlerischen Praktiken, hat sich das akademische Narrativ vom „interkulturellen Theater“ (Shevtsova, 2009) zum „transkulturellen Theater“ (Heeg, 2017) verschoben. Intersektionale Andersartigkeit wiederum findet sich in vielen Ansätzen zur Steigerung der Repräsentation wieder, zum Beispiel im „Immigrantentheater“ (Shevtsova, 2009) und der Entwicklung der „Postmigrantischen7 Theater“-Bewegung in Berlin (Haakh, 2015; Sharifi, 2011). 2008 gründete Shermin Langhoff den Theaterraum Ballhaus Naunynstraße in Berlin-Kreuzberg als „postmigrantisches Theater“ mit der Absicht, ethnische Zuschreibungen zu vermeiden und die Beteiligung von Menschen mit Migrationshintergrund an der Kunstszene zu erhöhen. Seitdem hat das Konzept des postmigrantischen Theaters und auch Langhoff selbst an Bekanntheit gewonnen, etwa durch die Verleihung des höchstdotierten Kairos-Kulturpreises 2011 (Alfred Toepfer Stiftung, o. J.) oder durch ihre Ernennung zur künstlerischen Leiterin des renommierten Maxim Gorki Theaters Berlin 2013 (Maxim Gorki Theater Berlin, o. J.).

Ein weiterer prominenter Ansatz ist das Konzept der „Interweaving Performance Cultures“ (Fischer-Lichte et al., 2014). Fischer-Lichte schreibt: „[hier] wird die Bewegung innerhalb und zwischen den Kulturen als ein sich veränderndes Dazwischen zelebriert, das Räume, Disziplinen und das Subjekt sowie ihren:seinen Körper in einer Weise verändert, die über das derzeit Vorstellbare hinausgeht“ (Fischer-Lichte, 2014, S. 12). Indem sie über die postkoloniale Theorie hinausgehen und Konzepte wie die doppelte Kritik anwenden (Khatibi, 1985), versuchen Khālid Amīn und Mohammed Laamiri einen weiteren Weg zu finden, indem sie fragen: „Müssen wir Hybridität als die ultimative und unaufhaltsame Bedingung aller postkolonialen Subjektivitäten betrachten? Oder sollten wir es uns als Fahrplan für alternative Austauschmöglichkeiten vorstellen?“ (Amīn & Laamiri, 2010, S. 7).

Die utopischen Aspekte, die oft mit einer solchen dekonstruierten Bedeutung von Vielfalt (oder hier Verflechtungskulturen und Hybridität genannt) verbunden werden, müssen kritisch hinterfragt werden.

Zunächst muss der Kritik an Konzepten der transkulturellen Vielfalt Rechnung getragen werden, welche bestehende soziale Ungleichheiten und ungleiche Machtverhältnisse vernachlässigen, indem sie Vielfalt zelebrieren und konsumieren. Solche Ungleichheiten werden nicht allein durch eine Erhöhung der Anzahl der „interwoven performances“ kleiner. Zudem gilt es – gerade in Zeiten, in denen die US-Regierung unter der Führung von Präsident Donald Trump Lügen als „alternative facts“ (Moore, 2017) darstellt – zu klären, was „alternativ“ bedeutet, also zu fragen, alternativ zu was? (Bachmann-Medick, 2016) Die Positionalität all dieser Konzepte sollte offengelegt werden, um nicht nur eine weitere Dichotomie von „West versus Rest“ (Hall, 1994) darzustellen.

Zusammenfassend lässt sich an dieser Stelle festhalten, dass sich in allen diskutierten Performancekunst-Ansätzen ähnliche Debatten herausgebildet haben, die sich um Praktiken drehen, die (dichotome) Grenzen überschreiten (Genre, national/regional, ethnisch etc.) und Zwischenräume fördern. Dese Praktiken sind häufig mit Vorstellungen von intersektionaler Vielfalt und Andersartigkeit verbunden, wenn nicht nur die Kunstpraktiken, sondern auch die Repräsentation von Künstler:innen, Kurator:innen, Publikum usw. in den Fokus rückt. Nicht zuletzt können solche transkulturellen, grenzüberschreitenden Praktiken zugleich neue Ordnungen konstruieren, die ihrerseits als universell deklariert werden können oder wieder andere ausschließende Praktiken zur Folge haben.

„Die Fokussierung auf die transkulturellen Topologien globaler Kunst erlaubt somit die Untersuchung relationaler Zirkulations- und Austauschprozesse und stellt zugleich die Idee der ethnokulturellen Lokalität als nostalgischer Marker von Authentizität sowie das Feiern multikultureller Pluralität in kapitalistischen und (neo-)kolonialen Machtverhältnissen in Frage, welche bestehende Ungleichheiten außer Acht lassen.“ (Buurman et al., 2018, S. 18)

Wenn wir uns also Praktiken der transkulturellen Vielfalt und Andersartigkeit in den Künsten ansehen, werden die Künste entweder als „global“ und grenzüberschreitend oder aber als situativ konzeptualisiert, sodass eine Art Übersetzung erforderlich ist, um Inklusion im globalen Maßstab zu fördern (Apter, 2013; Dätsch, 2018; Charle et al., 2017; Klein, 2013). Während ersterer Ansatz auf einem per se transkulturell und dynamisch angelegten Kulturbegriff beruht, dem jeglicher reiner Ursprung fehlt (Stroh, 2005), negiert letzterer die Annahme, dass die Künste die Funktion als „globale Sprache“ erfüllen könnten (Binas-Preisendörfer, 2008), die global verständlich, wenn auch unterschiedlich angeeignet ist. Dieser Ansatz folgt vielmehr einem Kulturbegriff, der Kultur als sozial vermittelt, verinnerlicht, situativ durchgeführt (Dorn, 2004) darstellt und nur für Mitglieder einer bestimmten Kunstwelt (Becker, 2008) oder eines Kulturbereichs (Bourdieu, 1993) verständlich macht.

"Wenn wir uns also Praktiken der transkulturellen Vielfalt und Andersartigkeit in den Künsten ansehen, werden die Künste entweder als „global“ und grenzüberschreitend oder aber als situativ konzeptualisiert, sodass eine Art Übersetzung erforderlich ist, um Inklusion im globalen Maßstab zu fördern."

Diese beiden gegensätzlichen Regimes wurden von Grace Brockington in Bezug auf einen Streit zwischen Selwyn Image und Lewis F. Day zu Beginn des 20. Jahrhunderts pointiert zusammengefasst (Brockington, 2009). Während für Image Kunst lokal oder national eingebettet ist, ist sie „besonders weit davon entfernt, eine universelle Sprache zu sein, sie ist lokal produziert und historisch bedingt, der individuelle Ausdruck eines Künstlers oder ... einer Nation“ (Brockington, 2009, S. 1). Die Künste könnten also nicht vollständig übersetzt werden (Gaupp, 2018). Brockington stellt jedoch fest, dass Day das Gegenteil vertritt und eher zum Konzept der:s kosmopolitischen Künstlerin:s tendiert. „Nationale Traditionen sind vererbt, aber nicht homogen und müssen nicht ‚verhätschelt‘ werden. Die Engländer sind ein ‚mixed lot‘, eine hybride Rasse, die eine hybride Kunst praktiziert“ (Brockington, 2009, S. 2). In dieser Dichotomie der Konzeptualisierung kultureller Ausdrucksformen lassen sich sowohl transkulturelle Vielfalt als auch Andersartigkeit erkennen. Während die besondere, situative Sicht auf die Vielfalt künstlerischer Ausdrucksformen mit dem Narrativ der transkulturellen Andersartigkeit in Verbindung gebracht werden kann, lässt sich das letztere Konzept, das die Künste als hybrid und kosmopolitisch darstellt, als Zugang zu transkultureller Vielfalt beschreiben. Dennoch ist diese Debatte hauptsächlich auf der Ebene der Narrative angesiedelt, während wir in diesem Beitrag untersuchen wollen, wie diese Konzepte in der Praxis angewendet werden.

Hier wird das Bild noch komplizierter und unscharf. Die Mehrheit der Künstler:innen, mit denen ich gesprochen habe, konzeptualisieren ihre künstlerische Praxis eher als transkulturell als mit einer bestimmten geografischen Region verbunden (zwei Künstler:innen, persönliche Kommunikation, 5. Mai 2015). Die Künste und Diversität erscheinen beide als dynamischer Prozess, der a priori nicht definiert werden kann. Ihre künstlerische Praxis zeichnet sich dadurch aus, dass sie Grenzen überschreitet, sich mit vielen Menschen mit vielen Weltanschauungen verbindet und so scheinbar perfekte transkulturelle Praktiken hervorbringt. So verortet sich der 2009 von Bonaventure Soh Bejeng Ndikung gegründete Kunstraum in Berlin SAVVY Contemporary „an der Schwelle von Vorstellungen und Konstrukten des Westens und des Nicht-Westens zwischen den Ideologien und Konnotationen solcher Konstrukte“ (SAVVY Contemporary, S. 1).

Ein weiteres Beispiel in der Performancekunst, das das Kunstfeld dekolonialisieren und dadurch intersektionale und transkulturelle Vielfalt erhöhen will, ist das Migrantpolitan auf Kampnagel in Hamburg, das unter anderem von Anas Aboura kuratiert wird. Kampnagel beschreibt dies als:

„einen Kampagnenraum ... in dem diasporische und lokale Künstler:innen in einen Austauschprozess treten, gemeinsame transkulturelle Strategien entwickeln und neue Formen ästhetischer Praxis erproben. Dieser Mikrokosmos ist ein Labor für solidarische Zusammenarbeit, in dem neue Ideen entwickelt werden, wo kulturelle Selbstbestimmung eine Heimat hat und wo eine Prise Anarchie immer ein Teil der Mischung ist.“ (Kampnagel, 2019)

Für einige Künstler:innen selbst sowie für das Publikum und die Kurator:innen sind diese und andere Praktiken der Performanz transkultureller Vielfalt offensichtlich. Die soziologische Forschung in den Künsten hat ausführlich gezeigt, dass Interpretation eine individuelle und intrinsisch soziale Angelegenheit ist (Abbing, 2019). Dies bedeutet, dass die Interpretation symbolischer Bedeutungen, die bestimmten künstlerischen Ausdrucksformen von den Künstler:innen selbst zugeschrieben werden, vom Publikum nicht unbedingt in gleicher Weise wahrgenommen wird. Ein:e Künstler:in, die:en ich interviewte, beschrieb sich beispielsweise selbst als weltoffen (Künstler:in, persönliche Kommunikation, 9. Januar 2015), während die:erselbe Künstler:in von einer:m Kurator:in als „typisch nahöstliche:r Künstler:in“ bezeichnet wurde (Kurator:in, persönliche Kommunikation, 2015). Auch Marketingexpert:innen, Medienvertreter:innen und Publikum haben unterschiedliche Ansätze, diesen künstlerischen Ausdruck zu präsentieren und wahrzunehmen (Festivalkurator:in, persönliche Kommunikation, 28. Mai 2015). Folglich existieren transkulturelle Kunstformen nicht per se – oder jede künstlerische Praxis müsste als transkulturell bezeichnet werden, wenn sie den dynamischen und prozessualen Charakter der Künste annimmt. Aber sicherlich kann ein:e Künstler:in oder eine Kunstform als transkulturell konstruiert und wahrgenommen werden. Es mag eher nur sein, dass diese Konstruktion weniger mit dem eigentlichen künstlerischen Inhalt als mit seiner situativen Nutzung zu tun hat.

Diese situative Semantik bietet zwei verschiedene Perspektiven, um Vielfalt und Andersartigkeit zu kuratieren. Erstens ist anzuerkennen, dass Etikettierung ein dynamischer und damit beeinflussbarer, das heißt veränderlicher Prozess ist und bestimmte Formulierungen und Konzepte strategisch eingesetzt und/oder jedes Mal neu verhandelt werden können. „Performance ist ... der gemeinsame Vollzug in der Situation. ... Der ist nicht zu determinieren, und der ist nicht zu verstehen, der ist im Moment” (Jansen, persönliche Kommunikation, 17. Oktober 2018).

Die zweite Lesung bezieht sich auf eine Analyse von Machtungleichheiten in diesen Verhandlungsprozessen. Diejenigen mit mehr Macht haben größere Möglichkeiten, die Norm zu definieren und bestimmte Interpretationen gegenüber anderen zu standardisieren. Dies führt uns zu der übergreifenden Frage, wie man das Feld der Performancekunst dekolonialisieren kann, ohne nur eine weitere hegemoniale Norm zu essentialisieren. Dies wird im nächsten Abschnitt diskutiert.

"Diejenigen mit mehr Macht haben größere Möglichkeiten, die Norm zu definieren und bestimmte Interpretationen gegenüber anderen zu standardisieren."

Wie man Vielfalt und Andersartigkeit kuratiert – die Dekolonialisierung kuratorischer Praxis

Das Streben nach Dekolonialisierung existiert in unterschiedlichen Feldern und lässt sich auf die politischen Dekolonialisierungs- und Befreiungsprozesse in den 1950er-Jahren zurückführen, die das postkoloniale Denken in den Wissenschaften beflügelten. Postkoloniale Theorie fordert nicht nur die politische Befreiung von kolonialen Strukturen, sondern auch eine umfassendere kulturelle und epistemische Dekolonialisierung. Übertragen auf die Gegenwart bleibt diese Aufgabe weiterhin relevant, da Dichotomien im Denken fortbestehen. Auch in den heutigen Praxisfeldern scheint die Dekolonialisierung noch nicht vollständig erfüllt. Als Dekolonialisierung fasse ich jeden Befreiungskampf von ungleichen Machtstrukturen zusammen, der nicht unbedingt in der Kolonialzeit begründet sein muss. Im Allgemeinen sind jedoch ungleiche Machtstrukturen im globalen Maßstab aufgrund ihrer Verstrickung mit neoliberalen kapitalistischen Strukturen, die sich als solche nur durch Kolonialismus ausweiten konnten, nicht von ihrem kolonialen Erbe zu trennen (Dussel, 1998).

Um eine Dekolonialisierung zu erreichen, existieren eine Vielzahl an theoretischen Ansätzen wie etwa das Organisieren von Netzwerken (Mbembe, 2016, S. 37) oder die Berücksichtigung dekolonialer feministisch-queerer südlicher Epistemologien und neuer Subjektivitäten (Gutiérrez Rodriguez, 2016). An dieser Stelle rückt William Jamal Richardsons Aufruf zum Handeln und zum Eingreifen in „physische Räume“ (2018, S. 232) und nicht nur in Debatten in den Fokus. Wie sollen wir die globalen Künste in der Praxis dekolonialisieren? Bei der Diskussion dieser Frage denke ich auch über meine eigene Positionalität nach sowie über das, was Eve Tuck und K. Wayne Yang das Risiko nennen, den Begriff Dekolonialisierung nur als Metapher zu verwenden (Tuck & Yang, 2012).

Wie kann ich als weiße, heterosexuelle, privilegierte Person aus dem „globalen Norden“ über Rassismus, Ungleichheit und Dekolonialisierung schreiben? Ist dies nur Aneignung, das Reden „über“ und nicht „mit“ und/oder die Absicht, mich reinzuwaschen, während ich nicht wirklich etwas gegen Ungleichheiten und die Kollektivschuld des Kolonialismus unternehme? Schließlich wird die Wissensproduktion immer von politischen Interessen beeinflusst (Richardson, 2018).

„Was bedeutet es, wenn mit den Werkzeugen eines rassistischen Patriarchats die Früchte desselben Patriarchats untersucht werden? Das bedeutet, dass nur die engsten Änderungsgrenzen möglich und zulässig sind. ... Denn das Meisterwerkzeug wird das Meisterhaus niemals demontieren.“ (Lorde, 1984, S. 110–114)

Audre Lorde kritisiert, dass Mitglieder verschiedener Minderheiten lediglich als Stellvertreter:in verwendet werden und enthüllt, dass weiße Feministinnen zutiefst rassistisch sind8. Sie schlägt auch vor, wie man diesen Mechanismen entgegenwirken kann, indem sie jede:n auffordert, „in diesen tiefen Ort des Wissens in sich selbst hineinzugreifen und den Schrecken und die Abscheu vor jedem Unterschied, die dort leben, zu berühren. Sehen Sie, wessen Gesicht es trägt“ (Lorde, 1984, S. 114). Lorde scheint nicht nur zu einem Prozess ehrlicher Selbstreflexion aufzurufen, sondern verkörpert auch einen anderen Begriff von Vielfalt und Andersartigkeit, den man als eine Kombination von intersektionaler und transkultureller Andersartigkeit bezeichnen könnte. Für sie sollten Unterschiede anerkannt werden, da durch das Ablegen von Unterschieden keine wirkliche Gemeinschaft entstehen kann. „Ein Unterschied darf nicht nur toleriert werden, sondern muss als Fundus notwendiger Polaritäten gesehen werden, zwischen denen sich unsere Kreativität wie eine Dialektik entzünden kann“ (Lorde, 1984, S. 110). In der meisten Forschungsliteratur zum Themengebiet wird Diversität positiv gerahmt und mit inklusiven Narrativen verbunden, während Andersartigkeit eher mit Ausgrenzungsprozessen verbunden ist. Lorde bietet jedoch eine Perspektive, die diese Ansätze umkehrt. Gerade die intersektionale Differenz sollte produktiv gemacht werden, um Inklusion zu fördern, das rassistische Patriarchat zu dekolonialisieren und „Differenz als entscheidende Stärke“ anzuerkennen (Lorde, 1984, S. 111).

"Als Dekolonialisierung fasse ich jeden Befreiungskampf von ungleichen Machtstrukturen zusammen, der nicht unbedingt in der Kolonialzeit begründet sein muss."

In anderen Forschungsarbeiten haben Rosalba Icaza und Rolando Vázquez an der Universität Amsterdam untersucht, wie die Kombination von intersektionalen mit dekolonialen Rahmungen eine ähnliche Perspektive wie Lordes bieten kann (Icaza & Vázquez, 2018). Sie zeigen, wie Positionalität, Relationalität und Transitionalität die Dekolonialisierung in der Universität unterstützen können. „Praktiken der Positionalität ... offenbaren schon beim Lehren des Kanons die geopolitische Lage des Wissens. ... Relationalität ... beinhaltet eine Transformation der im Unterricht und universitätsübergreifend etablierten Beziehungen“ (S. 119–120), indem wertvolle Unterschiede aufgezeigt werden. Nicht zuletzt „zeigt die Frage des Übergangs auf die Notwendigkeit, dass sich die Universität aktiv mit ihren eigenen gesellschaftlichen und ökologischen Implikationen auseinandersetzt, indem sie es den Studierenden ermöglicht, die epistemischen Grenzen zwischen Studium und Gesellschaft zu überbrücken“ (S. 120). Somit sehen wir drei Handlungsebenen zur Dekolonialisierung von Wissen. Immer über die Position des Wissens nachdenken, Unterschiede als Stärke betrachten und nicht nur versuchen zu theoretisieren, sondern auch zu handeln. Lassen Sie uns später sehen, ob dieser Ansatz helfen könnte, die globalen Künste zu dekolonialisieren – die als Formen der Wissensproduktion verstanden werden können (Hall, 1981).

Auch Tuck und Yang rufen zum Handeln auf, statt nur über Ungleichheiten zu sprechen, zu schreiben und zu reflektieren. Wenn Dekolonialisierung nur als Metapher missbraucht wird, besteht die Gefahr, dass sie nur noch den Siedlern, Kolonialisten (und ihren heutigen Nachfahren) als „Unschuldsbeteuerung“ dient (Tuck & Yang, 2012, S. 3). Anstatt Dekolonialisierung als Metapher für jeden Kampf um soziale Gerechtigkeit zu verwenden, sollte es vor allem die Rückführung des Landes von den Kolonisatoren an die Kolonisierten bedeuten, in Tuck und Yangs Fall von den Siedlern an die First Nation People in den USA. (Tuck & Yang, 2012, S. 7)

Auch wenn ich der ausschließlichen Verwendung des Begriffs im US-Amerikanischen Kontext nicht zustimmen würde, ist für Tuck und Yangs Ansatz nicht nur die Enthüllung kolonialer Hinterlassenschaften und verschiedener Strategien zur Unschuldsbeteuerung wichtig, sondern für sie ist „Dekolonialisierung kein ‚und‘. Es ist ein Anderswo“ (S. 36). „Möglichkeiten zur Solidarität liegen eher im Inkommensurablen als im Gemeinsamen“ (S. 28). Daher brauchen wir zunächst eine Vielfalt von Dekolonialisierungspraktiken. Zweitens entsteht solidarisches Miteinander, wie Lorde es beschrieben hat, in den Brücken, die zwischen Menschen und Gemeinschaften geschmiedet werden, nicht in den Gemeinsamkeiten.

Andere Autor:innen bringen ebenfalls Vorschläge zur Dekolonialisierung der Künste durch die Umsetzung antirassistischer (Bayer & Terkessidis, 2017), dekolonialer (Caceres et al., 2017; Gaupp et al., 2020) oder transkultureller (Bhagwati, 2018; Lutz, 2018; von Osten, 2012) Praktiken des Kuratierens. Neben den intersektionalen und transkulturellen Strategien, die ich diskutiert habe, um Ausgrenzung zu vermeiden, die Repräsentation und Teilhabe unterrepräsentierter Menschen zu fördern und die Sichtbarkeit von Minderheitenperspektiven innerhalb des Kunstsektors zu erhöhen, die eine Reflexion über hegemoniale Narrative und soziale Ungleichheiten ermöglichen, fokussieren diese kuratorischen Ansätze erneut unterschiedliche Aspekte gemeinsamer Kooperation (Sennett, 2012; Richter, 2012), Polyphonie (Bempeza et al., 2019), Kollektiven (von Bismarck, 2012), sozialen Zusammenhalts und Conviviality (Heil, 2020).

Diese teilweise aktivistischen Debatten und praktischen Ansätze betonen sowohl Formen von Solidarität und Kompliz:innenschaft als auch Vorstellungen von Konflikt, Komplikation und Störung (Dobusch et al., 2020). Dies bedeutet, dass jede dekoloniale Zusammenarbeit im Alltag unweigerlich mit Konflikten und Störungen verbunden ist, um neue Wege zu fördern. „Das Moment der Innovation konstituiert sich hier als konflikthafte Durchdringung, die Hybridisierungsprozesse in Gang setzt“ (Büscher-Ulbrich et al., 2013, S. 17). Darunter verstehe ich einen transkulturellen Weg der Inklusion, der Kritik und Konflikte als wesentliche Triebkräfte beinhaltet.

"Kooperation auf Augenhöhe, dekoloniales Kuratieren und Praktiken transkultureller Vielfalt beinhalten daher das Hinterfragen aller Voraussetzungen und die Anerkennung anderer Wissenssysteme, Kunstkonzepte und Praktiken kultureller Ausdrucksformen [...] Ein wichtiger Faktor für eine erfolgreiche Zusammenarbeit ist Transparenz über Entscheidungen, Finanzen, Konzepte etc."

Eine postkolonial orientierte Forschungsagenda, wie ich sie vorschlage, versucht, all diese unterschiedlichen machtgeladenen Prozesse abzubauen, indem sie so viele Ansichten wie möglich durch Kooperation auf Augenhöhe einbezieht. Dies bedeutet, dass auch die Begriffe und Konzepte, mit denen wir alle in der Praxis und in der Wissenschaft operieren, dekolonialisiert werden müssen. Ich schlage stattdessen vor, dass wir Vielfalt als transkulturelle Vielfalt betrachten, erforschen, lehren und kuratieren. Lorenzo Ornaghi würde wahrscheinlich von „glokaler Vielfalt“ sprechen, einer „Kontamination“, die eine genuin „glokale Macht“ jenseits der nationalen und internationalen Politik ausübt (Ornaghi, 2017, S. 8). Mit transkultureller Vielfalt möchte ich betonen, dass Vielfalt nicht festgelegt und definiert werden kann. Stattdessen wird sie jedes Mal von jeder:m Kurator:in, Künstler:in, Kulturpolitiker:in oder -Manager:in, Studierenden, Publikum, Forscher:in usw. konstruiert und rekonstruiert oder dekonstruiert. So wie Ernesto Laclau und Chantal Mouffe gegen einen Apriorismus plädiert haben (Laclau & Mouffe, 2012), ist es in jeder Situation möglich, ein neues Denken und Handeln zu konstruieren.

„Das Potenzial der vorgeschlagenen transkulturellen Perspektive auf globale Performancekunst, die nicht nur die globalen (und sich globalisierenden) Produktionsbedingungen, sondern auch spezifische Lokalitäten berücksichtigt, liegt darin, dass Wissenschaftler:innen transkulturelle Verbindungen, Interaktionen sowie marginalisierte Wissensformen erfassen, deren kritische Kraft sonst oft übersehen oder unterschätzt wird.“ (Buurman et al., 2018, S. 18)

Solche transkulturellen Einblicke in die kuratorische Praxis von Diversität und Andersartigkeit haben auch zur Folge, dass wir die Frage danach, wie Diversität und Andersartigkeit „richtig kuratiert“ werden sollten, nicht beantworten können, da die Antwort immer an eine radikale Vielfalt von Möglichkeiten gebunden sein wird und niemals auf Universalismus abzielen kann. Wir können jedoch stattdessen aus der Praxis lernen, indem wir uns Beispiele ansehen, wie die Künste im Allgemeinen oder die globalen Performancekünste im Besonderen dekolonialisiert werden können. Für diesen Ansatz haben wir gelernt, dass es wichtig ist, ungleiche Machtstrukturen aufzudecken sowie Dichotomien im eigenen individuellen und kollektiven Denken zu überwinden. Dies muss jedoch noch viel weiter gehen. In den Künsten gibt es Dichotomien im Denken nicht nur hinsichtlich (zum Beispiel) der gezogenen Grenze zwischen „Westlicher“ und „nicht-Westlicher“ Kunst und Künstler:innen. Dichotomien zielen auch darauf ab, wie Dinge getan werden sollen. Im deutschen Kulturbereich beispielsweise werden Ergebnisse hauptsächlich an finanziellen Mitteln, Erfolg und Evaluation gemessen. Künstler:innen und Publikum werden getrennt und Aufführungen organisiert und geplant. In verschiedenen Kontexten existiert jedoch nicht einmal notwendigerweise die Trennung zwischen verschiedenen künstlerischen Genres. (Jansen, persönliche Kommunikation, 17. Oktober 2018) Um diese und andere Dichotomien zu überwinden, gilt es dann, „immer in Kontakt zu bleiben. Erst einmal die Person zu fragen, von welcher Position aus sprichst du mit mir? Was ist meine Position? Die Verhandlung muss in der ersten Sekunde anfangen“ (Jansen, persönliche Kommunikation, 17. Oktober 2018). Kooperation auf Augenhöhe, dekoloniales Kuratieren und Praktiken transkultureller Vielfalt beinhalten daher das Hinterfragen aller Voraussetzungen und die Anerkennung anderer Wissenssysteme, Kunstkonzepte und Praktiken kultureller Ausdrucksformen. Dies muss jedoch nicht zwangsläufig zu Konflikten führen oder sie verhindern. Im Gegenteil, es ist wirklich ein Prozess von Verhandlungen, von „situativen Praktiken, keine festgelegten Kategorien“ (Jansen, persönliche Kommunikation, 17. Oktober 2018).

Einige Goethe-Institute in Afrikanischen Ländern verfolgen inzwischen den Ansatz, die Macht in die Hände lokaler Künstler:innen zu legen und nicht nur mit ihnen zu kooperieren, sondern sie selbst entscheiden zu lassen, was und wie sie kuratieren und wie sie die Zusammenarbeit organisieren, indem sie über die Nutzung der Goethe-Institut-Mittel entscheiden. Ein wichtiger Faktor für eine erfolgreiche Zusammenarbeit ist Transparenz über Entscheidungen, Finanzen, Konzepte etc. Alle Beteiligten sollen die Möglichkeit haben, an jedem Prozess teilzuhaben. Jedoch führt häufig der Wunsch, „immer alles richtig machen zu wollen – [dazu] zu vergessen, mit den Leuten eigentlich selbst zu reden. ... man ist die ganze Zeit, permanent im Diskurs und ist eigentlich nie in Kontakt“ (Jansen, persönliche Kommunikation, 17. Oktober 2018). Es bleibt also die Frage: „Wo können wir uns treffen?“ (Jansen, persönliche Kommunikation, 17. Oktober 2018). Auch dies ist nicht pauschal zu beantworten, sondern muss jedes Mal neu verhandelt werden. Kurator:innen, die im etymologischen Sinne als „Betreuer:innen“ verstanden werden, sollten „aufhören, mit Zeichen zu arbeiten und zu repräsentieren, sondern mit der Anwesenheit, nicht in der Abwesenheit” zu arbeiten (Jansen, persönliche Kommunikation, 17. Oktober 2018). Nur in solchen situativen Beziehungspraxen kann die neokoloniale Kuratierung von Diversität und Andersartigkeit überwunden und Repräsentationspraxen transformiert werden. „Es geht nicht um die Struktur. Es geht um die Beziehung. Um die Handlungsmacht” (Jansen, persönliche Kommunikation, 17. Oktober 2018). Ein solcher Ansatz könnte „das Produkt einer Kommunikation jenseits von Raum und Zeit, jenseits von territorialen Grenzen sein. Sie hinterfragt überholte Vorstellungen von Kultur, Identität und Gemeinschaft“ (Burkhalter, 2012, S. 30) und kann zu einem transkulturellen Verständnis von Vielfalt und Andersartigkeit führen, um die kuratorische Praxis in der globalen Performancekunst zu dekolonialisieren.


1 Der vorliegende Artikel ist eine gekürzte deutsche Fassung des 2021 bei De Gruyter in Open Access erschienenen englischen Originals: Gaupp, L. (2021), 'How to Curate Diversity and Otherness in Global Performance Art‘, in L. Gaupp & G. Pelillo-Hestermeyer (eds.), Diversity and Otherness. Transcultural Insights into Norms, Practices, Negotiations. DeGruyter Open Berlin & Boston & Peking., S. 289-320. https://www.degruyter.com/document/doi/10.1515/9788366675308/html?lang=en 

2 Alle englischen Originalzitate sind von mir ins Deutsche übersetzt worden.

3 Diese wurde vom ersten außereuropäischen Kurator Okwui Enwezor kuratiert, der die „Asymmetrie zwischen kuratierender und kuratierter Kultur“ offenlegt, indem er Gerardo Mosquera im documenta-Katalog zitiert (Enwezor, 2002, S. 46; siehe Mosquera, 1994, zitiert in Karentzos, 2012, S. 251).

4 Das vielfältige Verhältnis zwischen allen Arten von Kunstgattungen und Macht ist Thema eines weiteren von mir mit herausgegebenen Bandes mit dem Titel „Arts and Power – Policies in and by the Art“, der 2022 bei Springer VS erscheinen wird.

5 Ende 2019 haben knapp 3500 Kultureinrichtungen und Kulturschaffende aus 16 Städten und Regionen und 15 Bundesländern die Erklärung unterzeichnet und sich an der Organisation solcher Veranstaltungen beteiligt.

6 Wie musikalische Genres überhaupt konstruiert werden und wie Genres dazu dienen, Gemeinschaften zu stabilisieren und zu destabilisieren, ist Gegenstand eines breiten Korpus soziologischer Literatur, die vor allem der Musiksoziologie zuzuordnen ist. Siehe zum Beispiel Lena, 2019.

7 Der Begriff „postmigrantisch“ im Hinblick auf die postmigrantische Gesellschaft wurde 2012 von Naika Foroutan geprägt und steht „nicht für einen Prozess der beendeten Migration, sondern für eine Analyseperspektive, die sich mit den Konflikten, Identitätsbildungsprozessen, sozialen und politischen Transformationen auseinandersetzt, die nach erfolgter Migration und nach der Anerkennung [Deutschlands], ein Migrationsland geworden zu sein, einsetzen” (Foroutan, 2016, S. 232).

bell hooks ist eine weitere renommierte Wissenschaftlerin, die sich mit ähnlichen Problemen befasst und die kürzlich (15. Dezember 2021) verstarb (hooks, 1995).


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Lisa Gaupp wird zum März 2022 zur Universitätsprofessorin für Cultural Institutions Studies an der Universität für Musik und Darstellende Kunst Wien (mdw) ernannt. Sie forscht und lehrt zu Kulturorganisationen, musikalischen Praktiken, Performing Arts, Migration, Ungleichheiten, globalen Verflechtungen, urbanen Räumen, Politiken, Diversität und Dekolonialisierung. Nach dem Studium der Angewandten Kulturwissenschaften sowie der Interkulturellen & Internationalen Studien an den Universitäten in Lüneburg und Barcelona promovierte sie in Musikwissenschaft/Musikethnologie an der Hochschule für Musik, Theater und Medien Hannover (summa cum laude). Lisa Gaupp ist Ko-Herausgeberin von “Diversity and Otherness. Transcultural Insights into Norms, Practices, Negotiations” (De Gruyter), von “Arts and Power. Policies in and by the Arts“ (Springer) und einer Buchreihe zu “Urban Music Studies” (Intellect).