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THEATERPREIS DES BUNDES 2019

2019 wurde der Theaterpreis des Bundes zum dritten Mal verliehen.

Der Preis richtet sich an kleine und mittlere Theater, die mit ihrem kulturellen Angebot, mit Theaterproduktionen, Gastspielen und partizipativen Projekten in die Stadtgesellschaft hineinwirken. Vor allem auf Häuser jenseits der Metropolen, abseits der Theaterzentren sollte der Blick gerichtet werden. Und so sind unter den Preisträgern nur zwei Theater aus Städten mit mehr als 300.000 Einwohner:innen. Elf Theater wurden mit dem Theaterpreis des Bundes ausgezeichnet. Neben der bundesweiten Aufmerksamkeit bedeutet dies auch 75.000 € für künstlerische Vorhaben, die jedem Theater zukommen. Hier gelangen Sie zur vollständigen Pressemitteilung der deutschen Geschäftsstelle des Internationalen Theaterinstituts und zur Pressemitteilung der Staatsministerin für Kultur und Medien Prof. Monika Grütters.

 

Der Jury gehörten 2019 an:
 

  • Jörg Albrecht (Leitung Burg Hülshoff - Center for Literature)
  • Sophie Diesselhorst (Redaktion nachtkritik.de)
  • Dorte Lena Eilers (Redaktion Theater der Zeit)
  • Bettina Jahnke (Intendanz Hans Otto Theater Potsdam)
  • Ulrike Kolter (Redaktion Die Deutsche Bühne)
  • Matthias Schulze-Kraft (Künstlerische Leitung Lichthof Theater Hamburg)

 

Die Preisträger-Theater waren:
 

  • Ringlokschuppen Ruhr

    Ringlokschuppen Ruhr


    "Der Ringlokschuppen Ruhr (Kultur im Ringlokschuppen e.V.) ist eines der wichtigsten freien Produktionshäuser der Republik. In den vergangenen 15 Jahren hat er sich von einem soziokulturell geprägten Ort, an dem es immer auch Theater gab, zu einem fixen Knotenpunkt im Netzwerk der Performing Arts entwickelt. Stellvertretend für die breite Palette bedeutender Künstler*innen seien hier genannt: kainkollektiv, andcompany&Co., Marta Górnicka, LIGNA, Boris Nikitin, Gintersdorfer/Klaßen und René Pollesch. Das Programm des Ringlokschuppens befragt die Hierarchien des Theaters – und damit ist immer auch die gesellschaftliche Bühne angesprochen – lustvoll und klug. Etwa, wenn die Gruppe KGI in ihren Produktionen in Mülheim ein Laien-Ensemble kreiert, das Menschen unterschiedlicher Backgrounds und Fähigkeiten vereint; oder, wenn Produktionen in mehreren Sprachen übertitelt präsentiert werden. Mit dieser fundierten Arbeit, die künstlerisch hochavanciert ist und gerade dadurch Zugänge für ein heterogenes Publikum ermöglicht, ist der Ringlokschuppen produktiver Störer und unersetzlicher Ort in der Stadtgesellschaft Mülheims. Ein Haus, das lokal arbeitet und zugleich international vernetzt ist und sich aus diesem doppelten Selbstverständnis heraus seit 2015 nochmal im Sinne einer interkulturellen Öffnung transformiert hat. Der Ringlokschuppen Ruhr ist damit Modell eines zukünftigen Theaters im postindustriellen Ruhrgebiet – und weit darüber hinaus." -  Jurybegründung

     

  • boat people projekt

    boat people projekt


    "Seit 2009 arbeitet das boat people projekt an einer neuartigen Form politischen Theaters. Es realisiert, was in vielen Debatten des Theaterbetriebs immer wieder eingefordert, aber selten gewagt wird: Ein Kollektiv aus Menschen verschiedener Hintergründe leitet das Haus. Es konzipiert eigene Produktionen und Kooperationen mit Ensembles und Institutionen im In- wie Ausland. Die Vielfalt der Formate reicht von Musiktheater über Soloperformances bis hin zu Games. Mit großer Ernsthaftigkeit und lustvoller Leichtigkeit (er)findet das boat people projekt so einen Umgang mit zeitgenössischen Phänomenen wie auch mit traditionellen Stoffen und Motiven; ein Umgang, der dem komplexen 21. Jahrhundert gerecht wird – strukturell wie ästhetisch. Diese genuin transkulturelle Arbeit funktioniert in Göttingen durch eine Vielzahl von Verknüpfungen mit dem städtischen Umfeld, unter anderem auch mit einer eigenen Vermittlungsschiene. Ambivalenzen werden hier zugelassen und eingefordert, die demokratische Streitkultur schärft sich am Scharfsinn der Kunst, Diversität ist Normalität – auf, vor und hinter der Bühne." - Jurybegründung

     

  • Piccolo Theater

    Piccolo Theater


    "Das Piccolo Theater in Cottbus ist wesentlich größer als sein Name vermuten lässt: gegründet 1991 vom Regisseur und Musiker Reinhard Drogla, ist es das größte Kinder-und Jugendtheater in Brandenburg und verfügt seit 2011 über einen modernen Neubau mitten in der Stadt. Auf zwei Spielstätten mit je 127 und 70 Plätzen werden Schauspiel, Tanz und Puppenspiel gezeigt: politisch, nahbar und immer am Nerv der Zeit: erst im letzten Jahr hatte Brandenburgs AfD die preisgekrönte Inszenierung „KRG“ im Visier, die vor den Gefahren des Faschismus warnt. Der Landtagsfraktionschef Andreas Kablitz hinterfragte die finanzielle Förderung des Theaters und erkundigte sich „wie viele Stücke mit dezidiert aktuellem gesellschaftlichem und oder politischem Bezug ähnlich dem Theaterstück „KRG“ in dieser Legislaturperiode im Piccolo aufgeführt“ wurden. Wer die Geschichte des Piccolo Theaters kennt, weiß: es sind viele und es werden in Anbetracht der politischen Lage noch weitere folgen: für ein demokratisches, offenes und buntes Cottbus, für die Freiheit der Kunst: denn dafür steht das Piccolo Theater und dafür zeichnet die Jury das Team aus." - Jurybegründung

     

  • Landestheater Schwaben

    Landestheater Schwaben


    "Das Landestheater Schwaben in Memmingen erlebt seit 2016 eine umfassende Erneuerung und Wiederbelebung: mit einem leidenschaftlichen und politischen Spielplan, einer großangelegten Öffnung in die Stadt und über sie hinaus und mit einem starken Fokus auf das Junge Theater. Die Intendantin Dr. Kathrin Mädler und ihr Team katapultierten das Landestheater Schwaben wieder auf die Theaterlandkarte und zeigen, wie man auch in der sogenannten Provinz überregional Aufmerksamkeit generieren und gleichzeitig vor Ort die Zuschauer:innen in verschiedensten Formaten an das Haus binden kann: z.B. mit „Vereinte Vergangenheiten“, einem Doppelpass-Projekt in Zusammenarbeit mit geheimagentur, mit einer Uraufführung über die Geschichte der Krankenmorde in Irsee zur Zeit des Nationalsozialismus: „Nebel im August“, mit jungen Regisseur:innen (davon 50% Frauen) und Inszenierungen mit herausfordernder Ästhetik und vielen Ur- und Erstaufführungen, sowie Stückaufträgen. Letztendlich bewies das kleine Haus mit der Tagung „Das Theater der Provinz – Kulturelle Teilhabe und künstlerische Vielfalt als Programm“ in Kooperation mit der Universität Hildesheim, dass es zu den ganz Großen gehört und dafür zeichnet die Jury es aus." - Jurybegründung

     

  • Theater Rampe

    Theater Rampe


    "Ausgehend vom zeitgenössischen Autor:innentheater gelingt es dem Theater Rampe in Stuttgart, vielfältige Verbindungslinien herzustellen, zu staatlichen Theatern ebenso wie vor allem zur lokalen und überregionalen Szene der freien darstellenden Künste, für die es vitaler Impulsgeber ist. In wenigen Jahren entwickelte das Intendantinnen-Duo Marie Bues und Martina Grohmann und ihr Team das Theater zu einem überregional beachteten Produktionshaus für freies Theater aller Genres. Zahlreiche Künstler:innen erarbeiten und präsentieren hier zeit- und gesellschaftskritische, experimentelle, ästhetisch fordernde Produktionen vom Sprechtheater über Performance bis zu Tanz- und interdisziplinären Projekten. In groß angelegten transdisziplinären Kooperationen, etwa mit Institutionen der bildenden Künste, und in Kollaboration mit diversen kommunalen Initiativen erzeugt die Rampe Wirkung weit über den Bühnenrand hinaus bis in die Mitte der Stadtgesellschaft. Mit partizipativen Formaten schafft das Theater relevante Beiträge zu einer performativen Stadtentwicklung, vernetzt Künstler:innen und Publikum und ist Motor und Transmissionsmedium aktueller gesellschaftlicher Diskurse. Das Theater Rampe in Stuttgart verkörpert ein Stadttheater neuen Typs im besten Sinne." - Jurybegründung

     

  • HELIOS Theater

    HELIOS Theater


    "Das HELIOS Theater hat seit dem Umzug vom Gründungsort Köln nach Hamm (1997) seine Strahlkraft als Kinder- und Jugendtheater kontinuierlich ausgebaut. Unter der künstlerischen Leitung von Barbara Kölling (Regie) und Michael Lurse (Spiel) entstehen spartenübergreifende Inszenierungen wie etwa „Gegenüber“ (4+), ein Stück, das zusammen mit einer Videokünstlerin die Frage nach digitaler Realität stellt. Besonders hervorzuheben ist der programmatische Fokus auf ein „Theater für die Allerkleinsten (2+), bei dem das HELIOS Vorreiter ist und den es in Kooperation mit anderen EU-Ländern wissenschaftlich-forschend begleitet. Ästhetisch sind viele der Eigenproduktionen vom Objekt- undMaterialtheater geprägt und funktionieren entsprechend außersprachlich – ein Grund mehr für weltweite Gastspieleinladungen des Ensembles, zu dem seit 2017/18 auch zwei Künstler:innen aus dem Iran gehören. Mit der biennalen Ausrichtung des internationalen Theaterfestivals „hellwach“ und nicht zuletzt durch die engagierte Vernetzungsarbeit vor Ort mit Schulen oder im interkulturellen „Café Welt“ für geflüchtete Familien gelingt dem HELIOS Theater der Bogen von kommunalem zu internationalem Engagement." - Jurybegründung

     

  • Puppentheater Magdeburg

    Puppentheater Magdeburg


    "Das Puppentheater der Stadt Magdeburg ist eines der letzten eigenständigen Ensemblepuppentheater Deutschlands: zeitgenössisch, gegenwartsbezogen und mit großer ästhetischer Vielfalt aus Material-, Objekt- und Puppentheater. Produktionen für Kinder und Jugendliche stehen gleichberechtigt neben dem Abendspielplan für Erwachsene. Nicht zu unterschätzen ist, wie konsequent Nachwuchs-Regisseur:innen für das Puppentheater in Kooperation mit den Hochschulen in Berlin und Stuttgart gefördert werden, für die es sonst keine strukturierte Ausbildung gibt. Impulsgebend für die Szene ist außerdem das Forschungs-Projekt „Aufbruch“, in dem Strukturen der Ensemble-Puppentheater hinterfragt werden, um Arbeitsprozesse des Genres zukunftsfähig zu gestalten. Mit dem Figurentheaterfestival „Blickwechsel“ als internationalem Branchentreff, der großen Figurenspielsammlung in der angegliederten „villa p.“, einem breiten theaterpädagogischen Angebot sowie der Vernetzung in die Stadtgesellschaft hinein ist das Haus unter der Intendanz von Michael Kempchen zentraler Anker des deutschen Figurentheaters – für Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft." - Jurybegründung

     

  • Theater Thikwa

    Theater Thikwa


    "Das Theater Thikwa ist ein echtes Künstlertheater. Sein Ensemble besteht aus lauter Charaktertypen, die mit ihren je eigenen Energien als Spieler*in, Tänzer*in, Musiker*in, Performer:in auf der Bühne stehen. Das könnte zu Chaos führen. Im Theater Thikwa führt es zu puren, eigenwilligen und schonungslos direkten Inszenierungen, die so unberechenbar sind wie das Leben selbst. Die Themen entspringen dem Alltag, drehen sich um Kommunikation, Körperbilder, Lebensentwürfe und Utopien, die mal poetisch, mal verrückt, mal zutiefst existenziell verhandelt werden – vor allem aber eines sind: niemals standardisiert. Die Spieler:innen des Theater Thikwa lassen sich in keine Rollen pressen, sie handeln und denken nicht nach Schemata. Sie praktizieren mit den Mitteln des zeitgenössischen Theaters ein freies Spiel der Heterogene. Und das hat in der heutigen Zeit politisches Potenzial. Gemeinsam mit ihren beiden Leiter:innen Nicole Hummel und Gerd Hartmann gehen die Thikwas dabei jedes Risiko ein und überwinden so das vermeintlich Unmögliche. Der im Rollstuhl sitzende Performer wird zum Protagonisten eines Tanzabends, Lovesongs erklingen nahezu lautlos per Gebärdensprache im Raum. Kein überbordendes Bühnenbild, keine opulenten Kostüme lenken von diesem Eindruck ab. Immer wieder laden die Thikwas auch Gäste aus der freien Szene ein, die als Regisseur:innen, Choreograf:innen und Performer:innen an dieser permanenten Ausweitung der Kunstzone teilhaben. Für diese in der Theaterszene herausragende Beschwörung von gesellschaftlicher Diversität bei gleichzeitiger Lust an künstlerischer Radikalität zeichnet die Jury das Theater Thikwa aus." - Jurybegründung

     

  • Theaterwerkstatt Pilkentafel

    Theaterwerkstatt Pilkentafel


    "In einer Seitenstraße unweit des Flensburger Hafens gelegen, blickt die Theaterwerkstatt Pilkentafel weit über die Grenzen der Stadt hinaus. Flensburg. Das bedeutet Hafenstadt. Tourismusstadt. Rumstadt. Aber auch Rückzugsstadt der Nationalsozialisten im Dritten Reich. Stadt der Profiteure von Sklavenhandel und Ausbeuterei. In langen zeitlichen Linien verfolgen Elisabeth Bohde und Torsten Schütte ihre Themen, verknüpfen Stadtgeschichte mit Weltgeschichte, Gegenwart mit Vergangen-heit. Belehren wollen sie dabei nie. Ihre Inszenierungen zeugen von Haltung, aber auch von ständigem Zweifel, der der Anfang allen Denkens ist. In ihrem kleinen Theaterraum, der einst tatsächlich eine Werkstatt beherbergte, schauen wir ins Innere der Maschine Mensch. „Von der Begierde Burgen zu Bauen“ nennt sich eine Selbstuntersuchung, „Vom Reisen in ehemalige Kolonien“ eine Positionsbestimmung, die die Kolonialgeschichte der Virgin Islands mit dem heutigen Reichtum der Hansestadt Flensburg verbindet. Die Stücke der Pilkentafel bedienen sich bei den Mitteln des Schauspiels, der Performance, des Objekttheaters und der Neuen Musik. Komplex, vielgestaltig und tastend, gleichen sie einer gemeinsamen Suche, bei der sich die Performer:innen permanent selbst aufs Spiel setzen. Als eines der wenigen freien Theater in Schleswig-Holstein engagiert sich die Pilkentafel zudem aktiv für den Ausbau der freien Szene. Auch die eigene Öffnung für den Nachwuchs steht an oberster Stelle, um die Theaterwerkstatt, deren Strahlkraft als produktiver Denk- und Verhandlungsort gesellschaftspolitischer Fragen weit über die Stadt hinaus weist, zukünftig zu einem zentralen, überregional vernetzten Produktionshaus für die freie Szene Schleswig-Holsteins auszubauen. Diese langjährige essenzielle Pionierarbeit hält die Jury für absolut preiswürdig." -  Jurybegründung

     

  • Oper Halle

    Oper Halle


    "Die Oper Halle hat unter der Intendanz von Florian Lutz mit ihrem neuen ästhetischen Programm überregionale Strahlkraft gewonnen. Sein experimentelles Musiktheater hat dem jungen Leitungsteam schnell die Aufmerksamkeit des Fachpublikums und etliche Auszeichnungen beschert. Mit der Raumbühne, einer multiperspektivischen ‚Bühne auf der Bühne‘, in die das Opern-Team auch die anderen Theater der Bühnen Halle einlud, das Verhältnis von Künstler:innen und Zuschauenden neu auszuprobieren – mit einer Uraufführung pro Jahr, transkulturellen Projekten wie der mehrstufigen Überschreibung der Oper „L'Africaine“ von Giacomo Meyerbeer. In Vor- und Nachgesprächen sucht das Team der Oper Halle verstärkt den Kontakt zu seinem Publikum. Die Jury sieht in diesem Opern-Konzept höchst bemerkenswerte Innovation, die nicht von den Reibungen ausgespielt werden kann, die sie auch erzeugt hat, sowohl in der Belegschaft der Oper als auch in der Stadtgesellschaft." - Jurybegründung

     

  • Theater Erlangen

    Theater Erlangen


    "Das Theater Erlangen positioniert sich unter der Intendanz von Katja Ott in der Metropolregion Nürnberg als „Stadttheater der Zukunft“. Zu diesem Thema hat es im Januar dieses Jahres seines 300. Jubiläums ein Forum mit Theaterschaffenden, Vertreter*innen aus Politik und dem „ensemble-netzwerk“ organisiert, außerdem für sich selbst einen hausinternen Leitbildprozess mit allen Mitarbeitenden durchgeführt. Als größte Kunstinstitution der 110.000-Einwohner-Stadt vernetzt es sich in Erlangen mit anderen Institutionen wie der die Stadt prägenden Universität, mit Schulen, Vereinen, der Stadtbibliothek. Mit einer Bürgersprechstunde der Dramaturgie öffnet es sich der Mitgestaltung durchs Publikum. In seinem Programm setzt es mit zeitgenössischen Stücken auf der großen Bühne und Zusammenarbeit mit renommierten Größen der freien Szene wie Hans-Werner Kroesinger und Turbo Pascal Akzente. Mit 14 Regisseurinnen bei 25 Produktionen leistet Erlangen einen wichtigen Beitrag zur Geschlechtergerechtigkeit im deutschen Theaterbetrieb, und im Regienachwuchswettbewerb werden neue Talente entdeckt und gefördert." - Jurybegründung

     

 

Tagung: "Dialog mit der Stadtgesellschaft"


Am 27. Mai 2019 fand die Preisverleihung des Theaterpreis des Bundes 2019 und die Tagung "Dialog mit der Stadtgesellschaft" im Theater Gera statt.

Die Tagung, die das ITI im Rahmen der Preisverleihung ausrichtete, brachte rund 120 Teilnehmer:innen aus allen Bereichen der Theaterlandschaft in einen intensiven Dialog. Impulsvorträge der Kulturforscherin Hilke Berger und Wolfgang Schneider vom Kulturpolitischen Institut der Universität Hildesheim stießen die Diskussion an. Hilke Berger insbesondere durch einen kritischen Blick auf den Begriff der Partizipation; Wolfgang Schneider mit dem Rundumschlag zu kulturpolitischen Initiativen für das „Theater in der Provinz“, die nicht nur das Stadttheater, sondern auch die freie Szene und das Amateurtheater in den Blick nehmen sollten.

Von der Theorie in die Praxis führten dann 13 Gesprächskreise, die konkret Projekte der Preisträger:innen und von Häusern, die sich um den Theaterpreis beworben hatten, ins Gespräch brachten. Beispiele: Welche große Rolle eine langfristige Vermittlungsarbeit spielt, wurde am Beispiel der Geraer Theaterfabrik deutlich; wie ein Publikum durch die konkrete Auseinandersetzung mit der Flensburger Stadtgeschichte erreicht wird, zeigte das Theater Pilkentafel; welch langen Atem es braucht, um die Bürger:innen einer Stadt in das Projekt „Staging Democracy“ zu involvieren, berichtete das Lichthof Theater aus Hamburg; wie wirklich aktuelle Stücke für Kinder entstehen, weil die Trennung von Theatermacher:innen und Theaterpädagogik im Piccolo Theater Cottbus aufgehoben wird; wie aus einem inklusiven Projekt eine Theaterarbeit mit eigener künstlerischer Qualität wird – diese Erfahrung teilte das Theater Thikwa aus Berlin. Eine Zusammenfassung aller Gesprächskreise wird Teil der Dokumentation.

Der zweite Teil der Tagung unter dem Titel „Theater unter Druck?“ konfrontierte die Theaterverbände mit drei Impulsen, die von den Theaterhäusern nicht allein den Dialog mit der Stadtgesellschaft forderten, sondern auch die damit verbundene, notwendige Änderung von Sichtweisen und Strukturen in den Häusern. Laura Kiehne (ensemble-netzwerk) und Sören Fenner (art but fair) plädierten eindringlich für faire Entlohnung und gerechtere Strukturen an den Theatern. Eine Forderung, der sich Marc Grandmontagne (Deutscher Bühnenverein), Dorothee Starke (INTHEGA) und Anne Schneider (Bundesverband Freie Darstellende Künste) nicht verschließen wollten. Vor allem, weil alle in einem Theater, das von traditionellen Hierarchien befreit wird und bereichert durch Respekt und künstlerischen Dialog auf Augenhöhe, ein großes Potenzial auch für den Dialog mit der Stadtgesellschaft sahen. Auf diese offene, sich in die Gesellschaft einbringende Theater setzte auch Christophe Knoch (Die Vielen). Teilhabe gesellschaftlicher Gruppen am Kulturangebot der Theater ermöglichen wollen, heißt auch Teilnehmen an dem, was in der Gesellschaft diskutiert wird. Dorothee Starke lud Knoche ausdrücklich zur nächsten INTHEGA-Tagung ein und zeigte hier wie in weiteren Statements, dass die Gastspieltheater eine ernst zu nehmende weitere Säule der Theaterlandschaft sind.

Für das Internationale Theaterinstitut (ITI) brachte es Kay Wuschek auf diese beiden Punkte: Theater sollten sich einbringen in die Gesellschaft, sollten zuhören und teilnehmen an dem, was für Andere gesellschaftliche Fragen und kulturelle Gemeinschaft bedeutet. Und sie sollten darin nicht ein Aufholen von Defiziten, sondern ein großes Potenzial ihrer künstlerischen Entwicklung sehen.

Ein Ausblick, der Mut macht und Kraft gibt, auch angesichts der Fragen, die mit der Europawahl (und der Kommunalwahl in Thüringen) auch die Diskussion bestimmten. „Die Kunst ist frei und sie wird es immer bleiben“, war der Kernsatz der Rede von Kulturstaatsministerin Monika Grütters bei der anschließenden Preisverleihung. Monika Grütters würdigte die künstlerischen Leistungen der Preisträger:innen als Beispiel einer großen Vielfalt der Theaterlandschaft. Einer Vielfalt, die durch die Länder und Kommunen ermöglicht wird, und in der Künstler:innen immer wieder Denkanstöße für die gesellschaftlichen Fragen geben.

Dafür auch vor Ort die politischen Haltungen, Unterstützungen und das gesellschaftliche Klima zu schaffen – das brachten Geras Oberbürgermeister Julian Vonarb und Thüringens Kulturminister Benjamin-Immanuel Hoff mit Engagement und starken Statements zum Ausdruck.

 

 

31 Einzelporträts kleiner und mittlerer Theater jenseits der Metropolenräume


Die 31 Theater, die 2015, 2017 und 2019 mit dem Theaterpreis des Bundes ausgezeichnet worden sind, porträtiert das Magazin „Stadt, Land, Kunst – Theater im Dialog mit der Gesellschaft an den Rändern der Städte und jenseits der Metropolen“.

Entstanden in Zusammenarbeit von deutschem ITI-Zentrum und der Redaktion von Theater der Zeit liegt die Sonderveröffentlichung jetzt der Maiausgabe 2020 von Theater der Zeit bei. Autor:innen aus dem Umfeld der Theater stellen die Arbeit der kleinen und mittleren Häuser in Einzelstudien vor. Ergänzt werden diese Porträts durch zwei Gesprächsrunden, welche die Rolle des Preises sowohl aus der Perspektive von Theatern, die den Preis noch nicht gewinnen konnten, als auch aus der Sicht von Vertreter:innen der Theater-Verbände beleuchten.

Enthalten in der Beilage zu Theater der Zeit ist auch die Kurzauswertung einer Umfrage, wie der Theaterpreis des Bundes unter Theaterschaffenden wahrgenommen und welche Wirkungen dem Preis in der Theaterwelt beigemessen werden.

Die digitale Version der Sonderveröffentlichung gibt es kostenlos hier.