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20 Min

10.07.2023

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Prof. Dr. Leonard A. Cruz

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Corinna Kern

Unsere Implicit Biases mittels Kunst erzählen

Vorschlag für einen interaktiven Workshop

In vielen Workshops mit diversen Teilnehmer:innen wurde mir – selbst eine Person of Color und LGBTQIA+ – bewusst, wie schwierig es ist, gegenseitiges Vertrauen im ersten Kennenlernprozess aufzubauen. Ich glaube, dass wir das Unbehagen beim gegenseitigen Kennenlernen überwinden können, indem wir einander auf kreative Weise von unseren Implicit Biases erzählen. Die Definition von Implicit Biases umfasst Einstellungen oder Stereotype, die unser Verständnis, unsere Handlungen und unsere Entscheidungen auf unbewusste Weise beeinflussen (Greenwald & Banaji, 1995).

Wir alle sind durch Implicit Biases beeinflusst, und der künstlerische Austausch darüber könnte vielen Teilnehmer:innen helfen, kreative Ansätze zu finden, um Stereotype und Bias zu entkräften. Der in diesem Zusammenhang von mir entwickelte Interventionsworkshop ermöglicht es Teilnehmer:innen und Führungskräften, aktiv und kreativ Wege zu finden, um in diversen Gruppen, Organisationen und Gemeinschaften an ihren Implicit Biases zu arbeiten und diese zu minimieren. Indem wir Themen wie soziale Identitäten, Gerechtigkeit und Kunst einbeziehen, praktizieren wir Social Justice Arts. Diese ermöglicht es Menschen, handlungsfähig gegenüber repressiven systemischen Mustern oder auch individuellen Verhaltensweisen zu werden, diese zu unterbrechen und zu verändern (Hanley, 2011).

Mein Name ist Prof. Dr. Leonard Arvisu Cruz. Seit September 2023 bin ich der erste philippinisch-amerikanische Professor, der den Fachbereich Theater und Tanz in der Gesellschaft an der Hochschule für angewandte Kunst und Wissenschaft in der Gesellschaft in Ottersberg leitet. Mein Doktortitel in Social Justice in the Performing and Creative Arts (dt. Soziale Gerechtigkeit in den darstellenden und kreativen Künsten) veranlasst mich immer wieder, neue Wege und Ansätze zu finden, wie die Künste zur Lösung vieler Probleme in der Welt beitragen können. Ich wurde in Pampanga auf den Philippinen geboren, wuchs in den Vereinigten Staaten auf und erhielt 1993 in Deutschland mein erstes Gastengagement am Wuppertaler Tanztheater sowie als Mitglied des Folkwang Tanzstudios, die damals beide von Pina Bausch geleitet wurden. In dieser Zeit lernte ich die Zusammenarbeit mit Tänzer:innen verschiedener Herkunft, Ethnien, Sexualitäten, Altersgruppen und Fähigkeiten kennen. Die Transparenz und die Verankerung von Diversität im deutschen Tanztheater, praktiziert von seinen Ikonen (Pina Bausch, Susanne Linke, Reinhild Hoffman, um nur einige zu nennen), haben diesen Ansatz international bekannt macht.

Ich hoffe, dass ich mit meinem Entwurf eines interaktiven Workshops zum Thema Unsere Implicit Biases mittels Kunst erzählen dazu beitrage, mehr inklusive Gemeinschaften zu schaffen, die Vertrauen, Verständnis und Empowerment fördern.

Aus der häufig gemachten Erfahrung, dass Teilnehmer:innen von Gruppen beim ersten Aufeinandertreffen unsicher waren, wie sie mit dem Kennenlernen beginnen sollten, und sich unwohl in ihrer Haut fühlten, entstand die Methode, sich Implicit Biases in authentischen Geschichten zu erzählen und dabei kunstbasierte Ansätze in die qualitative Befragung und Selbstreflexion einzubeziehen. Da dieser Artikel für das ITI Journal bestimmt ist, habe ich auch das erste Modul der ITI Academy als Erfahrung herangezogen, bei dem vielleicht auch wir (Veranstalter und Stipendiat:innen) unsere Implicit Biases auf kreative Weise durch authentisches Storytelling und gelebte Erfahrungen hätten teilen können. Obwohl es manchmal schwierig ist, Implicit Biases vor anderen, die uns nicht vertraut sind, explizit zu formulieren, ermöglichen kunstbasierte Zugänge den Einsatz kreativer Untersuchungsmodalitäten, insbesondere bei schwierigen Themen wie diesem, die für die Gemeinschafts-/Gruppenbildung relevant sind.

Ziel des interaktiven Workshops ist es, die Authentizität von Moderator:innen / Leiter:innen zu fördern, damit auch die Gruppenteilnehmer:innen selbst authentischer werden und durch Achtsamkeit mehr über sich selbst und andere lernen können. Dies geschieht, indem der:die Moderator:in das Thema ‚Implicit Biases‘ in den Vordergrund stellt und seine:ihre eigenen Geschichten darüber erzählt und diese mithilfe der Künste erweitert. Die Teilnehmer:innen werden damit auf das Kommende vorbereitet, und ihnen wird es ermöglicht, kritisch zu reflektieren, sich künstlerisch auszutauschen und dabei etwas über sich selbst und ihre (un)verdienten Privilegien im Verhältnis zu anderen Menschen zu lernen, deren Lebenswirklichkeit möglicherweise anders ist. Dies ist ein wichtiger Teil des Lernens in der qualitativen Forschung, denn die Durchführung einer qualitativen Untersuchung setzt voraus, eine Beziehung zu den Teilnehmer:innen aufzubauen und ihre real erlebten Geschichten zu verstehen, um dann mit den Teilnehmer:innen gemeinsam eine Erzählung so zu ko-konstruieren, wie sie ihrer gelebten Realität Bedeutung verleihen wollen (Bhattacharya, 2013; Denzin & Lincoln, 2002).

Man kann die Geschichten der anderen über Implicit Biases nicht tiefgründig erzählen, wenn man nicht tief in sich selbst geforscht und etwas über die anderen gelernt hat. Ich glaube, dass die Künste kreative Möglichkeiten bieten, um die eigenen und die Geschichten anderer über Implicit Biases zu verstehen. Und wenn man seine eigenen Geschichten tiefgründig versteht, kann man die gleiche Tiefgründigkeit auf die Geschichten der Teilnehmer:innen übertragen, sich selbst im Verhältnis zu den anderen verstehen und einen Sinn des Mitgefühls und der Empathie entwickeln sowie die Zusammenhänge des Seins verstehen (Barbezat & Bush, 2014; Gunn- laugson, Sarath, Scott, & Bai, 2014; Palmer & Zajonc, 2010).

In der heutigen Gesellschaft müssen wir dynamische globale Gemeinschaften aufbauen, in denen Inklusion und künstlerische Forschung par excellence in wechselseitiger Abhängigkeit stehen. Es ist notwendig, dass unsere Lehre, Pädagogik, Forschung und aufstrebende Führungspersönlichkeiten global relevante Formen neuen Wissens schaffen und fördern, um alle Menschen auf eine vielfältige, komplexe und sich ständig verändernde Welt vorzubereiten.

Augusto Boal rückte den Bereich der Social Justice Kunstansätze und -praktiken erstmalig in den Fokus und beeinflusste meine Arbeit sowohl als Wissenschaftler als auch als Künstler. In Boals Games for Actors and Non-Actors (Spiele für Schauspieler:innen und Nicht-Schauspieler:innen) heißt es beispielsweise, dass das Image Theater eine Reihe von Übungen und Spielen an die Hand gibt, die darauf abzielen, wesentliche Wahrheiten über Gesellschaften und Kulturen aufzudecken, ohne in erster Linie auf die gesprochene Sprache zurückzugreifen – gleichwohl kann diese in den verschiedenen "Dynamisierungen" der Bilder hinzugefügt werden (Boal, 1992).

Ich hoffe, dass der:die Leser:in mit der folgenden Workshop-Skizze interaktiv mit anderen arbeiten kann, sei es als Lehrer:in, Künstler:in, Führungspersönlichkeiten oder Aktivist:in.

Unsere Implicit Biases mittels der Kunst erzählen – Entwurf eines interaktiven Workshops

Workshopziele

  • Entwicklung einer authentischen Lerngemeinschaft von Teilnehmer:innen, die offen für Selbstreflexion, Wachstum und Veränderung ist.

  • Schaffung eines inklusiven Umfelds, in dem die Teilnehmer:innen ihre Positionen und Vorurteile durch Storytelling, Kreativität und Kunst erkunden können.

  • Aufbau eines besseren Verständnisses sozialer und persönlicher Identitäten durch die Fähigkeit der Teilnehmer:innen, ihre Bias kreativ zu entwickeln, zu teilen, zu diskutieren und zu verändern, um so ein stärkeres Bewusstsein für die Unterschiede zu erlangen und inklusiver zu werden.

 

Lernziele

Am Ende des interaktiven Workshops werden die Teilnehmer:innen in der Lage sein:

  • ihre Implicit Biases zu erklären und kontinuierlich zu reflektieren und das Storytelling sowie die Kunst zu nutzen, um sich selbst und andere besser kennenzulernen und dabei integrativer zu werden

  • Storytelling und Kunst anzuwenden, um Implicit Biases, Stereotypen und Mikroaggressionen in der Gruppe, der Gemeinschaft, dem Klassenzimmer, der Organisation und im Leben zu bekämpfen

  • das Feedback der Teilnehmer:innen in das eigene Lernen und die eigene Praxis zu integrieren, um inklusiver und gerechter zu werden

  • inklusive Strategien zu entwickeln, die das Storytelling und die Künste im Hinblick auf eine inklusivere Gesellschaft einbeziehen

  • eine blühendende, inklusive globale Gemeinschaft aufzubauen und zu erhalten, die soziale Gerechtigkeit, Kunst und intellektuelle Neugier von Menschen unterschiedlicher Herkunft unterstützt und fördert, damit diese ein besseres gegenseitiges Verständnis und starke Gemeinschaften aufbauen.

 

Leitlinien für den Aufbau einer achtsamen, kreativen und kritischen Gemeinschaft

Am Anfang des Workshops ist ein achtsamer Zugang mit drei tiefen Atemzügen, die den Körper und den Geist zentrieren, eine gute Vorbereitung für die Teilnehmer:innen, um präsent, entspannt und ruhig zu werden. Danach ist es wichtig, Richtlinien festzulegen, damit der Workshop-Prozess für alle Teilnehmer:innen gleichberechtigt und inklusiv ist, so dass jede:r Einzelne auch wirklich teilnehmen kann. Folgende Richtlinien haben sich aus meiner langjährigen Arbeit mit inklusiven Pädagogik-Workshops im Hochschulbereich ergeben, diese sind jedoch nicht abgeschlossen, sondern können durch Vorschläge der Workshop-Teilnehmer:innen ergänzt werden:

*Verwende "Ich"-Aussagen.

*Übernimm Verantwortung und lasse dich auf einen kollaborativen Prozess ein.

*Unterstelle gute Absichten und erkenne die Auswirkungen an.

*Übe dich in Selbsterkenntnis.

*Erforsche Momente des Unbehagens.

*Kümmere dich um dich selbst und übernimm Verantwortung für dich selbst und deine Bedürfnisse.

 

Einführung in soziale Identitäten

Im folgenden Teil des Workshops geht es um die Vorstellung sozialer Identitäten, um besser zu verstehen, wer wir sind und welche Vielfalt unter den Workshopteilnehmer:innen besteht. Soziale Identitäten werden oft durch die gemeinsame Geschichte, gemeinsame Erfahrungen, rechtliche und historische Entscheidungen sowie durch alltägliche Interaktionen geprägt. Einige Beispiele sind u. a.:

*Rasse

*Klasse

*Geschlecht

*Sexuelle Orientierung

*Religion

*Alter

*Ethnizität

*Sprache

*Größe

*Nationalität

*Geschlechtszugehörigkeit

*Behinderungsstatus

Lassen Sie die Workshop-Teilnehmer:innen zu jeder sozialen Identität antworten. Es ist wichtig anzumerken, dass es für einige Teilnehmer:innen unangenehm oder nicht einfach sein könnte, diese Fragen mit einem Wort zu beantworten. Aus diesem Grund habe ich mich für das Storytelling und die Einbeziehung der Künste entschieden, damit die Teilnehmer:innen einen kreativen Ansatz für den Austausch ihrer vielfältigen Identitäten wählen können. Bei meiner Antwort auf die Frage nach der Sprache musste ich zum Beispiel klarstellen, dass ich Deutsch verstehe, es aber nicht richtig sprechen kann. Ich könnte noch weiter gehen, indem ich durch Bewegung und Gesten erzähle, warum ich den Tanz als Beruf gewählt habe und inwieweit das Erlernen von Sprachen eine Schwäche von mir war und immer noch ist. Es ist auch wichtig zu akzeptieren, wenn einige Teilnehmer:innen sich weigern, eine oder mehrere ihrer Identitäten mitzuteilen. Diese Weigerung könnte vielleicht ein Thema sein, das zu einer Diskussion führen und erhellen könnte, wie die Implicit Biases beim Austauschen einer oder mehrerer dieser sozialen Identitäten ins Spiel kommen.

 

Persönliche Identitäten

Nun stellen die Teilnehmer:innen sich gegenseitig ihre persönlichen Identitäten vor. Persönliche Identitäten sind individuelle Eigenschaften, die eine Person ausmachen, wie z.B. Hobbys, Interessen, Erfahrungen und persönliche Entscheidungen. Einige Beispiele sind, ohne darauf beschränkt zu sein:

*Karriere und Beruf

*Bildungsstand

*Hobbys

*kulturelle Werte

*Beziehungsstatus

*sportliche Fähigkeiten und Interessen

*Gewohnheiten

 

Lassen Sie nun alle Teilnehmer:innen des Workshops die Angaben für ihre persönliche Identität in den Fragebogen eintragen, damit sie ein noch besseres Verständnis davon bekommen, wer sie sind. Persönliche Identitäten werden in der Regel in sozialen Medien und auf Dating-Websites verwendet, damit andere herausfinden können, ob es gemeinsame Interessen oder Unterschiede gibt, die für sie interessant sein könnten, um mehr über diese Person zu erfahren. In der Regel sind Angaben für persönliche Identitäten einfacher auszufüllen, da die Person selbst entscheidet, welchem Pfad sie dabei folgt.

Nach dem Eintragen der sozialen und persönlichen Identitätsangaben teilen Sie die Gruppe der Teilnehmer:innen in Paare auf, vorzugsweise in solche, die sich nicht kennen. Lassen Sie die Paare entscheiden, auf welche drei sozialen und drei persönlichen Identitäten sie sich in diesem interaktiven Workshop konzentrieren möchten. Hier kommen Kreativität und Kunst (Musik, Theater, Tanz, bildende Kunst und digitale Kunst) ins Spiel. Nachdem sich die Paare für drei soziale und drei persönliche Identitäten entschieden haben, auf die sie sich konzentrieren möchten, halten Sie Skizzenpapier und verschiedene Zeichenmaterialien bereit, die die Workshopteilnehmer:innen im nächsten Schritt verwenden können. Erlauben Sie nun allen Teilnehmer:innen, eine oder auch alle Künste auszuprobieren und einzubeziehen, um ihre Identitätsgeschichten zu erklären, zu vermitteln oder zu erzählen. Nehmen Sie sich für diesen Teil des Workshops etwa 10 bis 15 Minuten Zeit.

Sobald alle Teilnehmer:innen mit ihren künstlerischen Identitätsstücken fertig sind, lassen Sie die Paare auf Stühlen sitzen, von Angesicht zu Angesicht, mit einem Armabstand voneinander entfernt, und lassen Sie eines der Paare damit beginnen, dem:der Partner:in mitzuteilen, welche drei sozialen und persönlichen Identitäten sie bei dieser:m vermuten. (Dies ist der Punkt, an dem vielleicht implizite Vorurteile auftreten könnten). Nach diesem Austausch hat der:die Partner:in, der:die nicht gesprochen hat, aber gehört hat, wie der:die andere soziale und persönliche Identität erraten hat, fünf bis acht Minuten Zeit, um die sechs Identitäten, die sie:ihn ausmachen, durch kreatives Storytelling in künstlerischer Erforschung mitzuteilen. Danach wechseln sie und lassen den:die Partner:in, der:die gerade seine:ihre künstlerische Identitätsperformance gezeigt hat, die drei sozialen und drei persönlichen Identitäten des Gegenübers erraten. Danach soll wiederrum der:die Partner:in, der:die zugehört hat, innerhalb von fünf bis acht Minuten seine:ihre künstlerische Identitätsperformance vorstellen. Geben Sie den Paaren ein bis zwei Minuten Zeit, um kritisch über das Erlebte nachzudenken, ihre Gedanken mitzuteilen und diesen Teil des Workshops abzuschließen.

Nachdem alle Paare sich gegenseitig ihre "Storytelling"-Performance über soziale und persönliche Identitäten präsentiert haben, lassen Sie die Paare jeweils ein anderes Paar finden, und nun ein Quartett (Gruppe aus vier Teilnehmer:innen) zu bilden. Zu diesem Zeitpunkt sollten die Teilnehmer:innen ein besseres Verständnis dafür entwickelt haben, wer sie sind, und etwas über die Identität einer anderen Person erfahren haben. Sie sollten sich auch wohler fühlen und darauf vorbereitet sein, in einer größeren Gruppe zu arbeiten, um drei Fragen kreativ zu beantworten, die explizit die eigenen Biases ansprechen und gleichzeitig alle Künste einbeziehen. Für diesen Teil des Workshops werden mindestens fünfzehn Minuten benötigt, damit sich bei der Beantwortung der drei Fragen jede:r Teilnehmer:in mit den Künsten auseinandersetzen kann. Weitere fünfzehn Minuten sind für einen kreativen, kollaborativen künstlerischen Austausch vorgesehen, falls jemand in der Gruppe die anderen Gruppenmitglieder braucht, um seine:ihre Story mit einer der Kunstformen zu vermitteln.


Folgende drei Fragen sind zu stellen:

1. Welche Privilegien, Stereotypen und Biases gibt es Eurer Meinung nach?

2. Welche Probleme/Bedenken kann dies in Eurer Gruppe, Gemeinschaft und am Arbeitsplatz haben?

3. Welche positive(n) Maßnahme(n) könnt Ihr ergreifen, um diese Biases abzubauen?


Als Moderator:in des interaktiven Workshops ist es wichtig, die Teilnehmer:innen anzuleiten, kreativ zu sein und auf die Einbeziehung aller Künste zu achten. Spezifischere Fragen, die auf erweiterte Antworten zielen oder diese besser vermitteln, könnten hilfreich sein. Einige Beispielfragen sind:

 

*Wie könntet ihr diesen Stereotyp, dieses Privileg oder dieses Bias darstellen?

*Welche Bilder und/oder Wörter könntet ihr zeichnen, um diesen Stereotyp, dieses Privileg oder Bias zu vermitteln?

*Wie könntet ihr eine Skizze für andere in Eurer Gruppe schreiben, um eine Szene zu spielen, die das Anliegen/Problem dieses Privilegs, Stereotyps oder Bias‘ innerhalb der Gruppe löst?

*Wie könntet ihr nicht sprechen, sondern Tanz, Bewegung, Gesten oder Pantomime einsetzen, um eine oder alle drei Fragen zu beantworten?

*Welche Klänge, Geräusche, Musik (ein Lied mit oder ohne Text), Bodypercussion oder das Erstellen eines Raps könnten helfen, eure Antworten zu vermitteln?

*Wie kann Technologie eine Quelle oder auch eine Ressource sein, die bei der kreativen Beantwortung einer oder aller drei Fragen hilft?

*Wie kann Technologie als Quelle für die Archivierung des kreativen Prozesses und/oder des Produkts genutzt werden?

 

Nachdem die dreißig Minuten verstrichen sind und die Quartette die drei Fragen als Einzelpersonen und/oder in Zusammenarbeit kreativ beantwortet haben, fragen Sie diese, ob eine von ihnen informell teilen möchte, woran gemeinsam gearbeitet wurde. Wenn sie nicht präsentieren möchten, geben Sie den Gruppenmitgliedern die Möglichkeit, über den kreativen Prozess zu sprechen und/oder zu reflektieren, was sie gelernt haben. Geben Sie jeder Gruppe etwa fünf bis sieben Minuten für diesen Austausch. Nachdem jede Gruppe mitgeteilt hat, woran sie gearbeitet hat, ist es ein wesentlicher letzter Schritt, abschließend zu erklären, warum es so wichtig ist, die eigene(n) Identität(en) und die der anderen zu respektieren, Implicit Biases zu verstehen und Wege zu finden, sich positiv zu verändern, um integrativer und verständnisvoller zu werden.


Schlussfolgerung

Inklusion ist die aktive, bewusste und kontinuierliche Auseinandersetzung mit unterschiedlichen Menschen, die unser Bewusstsein schärft und eine Kultur der Zugehörigkeit für Menschen aller Identitäten schafft, insbesondere für diejenigen, die historisch ausgegrenzt wurden.

Es ist wichtig, dass alle Menschen mit unterschiedlichen Hintergründen die Möglichkeit haben, ihre Geschichten mithilfe der Kunst zu erzählen, und dass durch diesen kreativen Prozess gleichberechtigte und integrative Zugangspunkte für alle Teilnehmer:innen geschaffen werden, damit sie gehört, gesehen und anerkannt werden. Auf dieser Grundlage können die Teilnehmer:innen ein Gefühl von Zugehörigkeit sowie Urteilsvermögen entwickeln und der Gruppe die Verantwortung übertragen, gemeinsame Fortschritte in Bezug auf Gleichberechtigung, Vielfalt und Inklusion zu erzielen. Der Einstieg in die Gleichberechtigung besteht darin, die Bedürfnisse der verschiedenen Menschen zu berücksichtigen, die Geschichte der Unterdrückung und Entrechtung zu verstehen und dann Ressourcen zu verteilen (Führungsrollen, strukturelle Veränderungen, finanzielle Unterstützung, um nur einige Beispiele zu nennen), die die entsprechenden Möglichkeiten schaffen.

 


Literatur

Barbezat, D., & Bush, M. (2014). Contemplative practices in higher education: Powerful methods to transform teaching and learning. San Francisco, CA: Jossey-Bass.

Barone, T., & Eisner, E. (2006). Arts-based educational research. In J. Green & G. Camilli (Eds.), Handbook of Complementary Methods in Education (pp. 93- 107). New York, NY: Lawrence Erlbaum.

Barone, T., & Eisner, E. W. (2012). Arts-based research. Thousand Oaks, CA: Sage.

Bhattacharya, K. (2013). Voices, silences, and telling secrets: The role of qualitative methods in arts-based research. International Journal of Qualitative Studies in Education, 6(4), 604-627.

Boal, Augusto. (2021). Games for Actors and Non-Actors. (p. xxii). New York, NY: Routledge.

FitzGerald, C., Martin, A., Berner, D., & Hurst, S. (2019). Interventions Designed to Reduce Implicit Prejudices and Implicit Stereotypes in Real World Contexts: A Systematic Review. BMC Psychology, 7, Article No. 29. 

Greenwald, A. G., & Banaji, M. R. (1995). Implicit social cognition: Attitudes, self-esteem, and stereotypes. Psychological Review, 102(1), 4–27

Gunn-laugson, O., Sarath, E. W., Scott, C., & Bai, H. (Eds.). (2014). Contemplative learning and inquiry across disciplines. New York, NY: SUNY.

Hanley, Mary (August 10, 2011). "You Better Recognize!” “The Arts as Social Justice for African American Students". Equity & Excellence in Education. 44 (3): 420–444

Palmer, P., & Zajonc, A. (2010). The heart of higher education: A call to renewal. San Francisco, CA: Jossey-Bass.

Smith, L. T. (1999/2012). Decolonizing methodologies: Research and indigenous peoples (Second ed.). London, United Kingdom: Zed books.

Prof. Dr. Leonard A. Cruz (Ph.D. in Urban Education mit Schwerpunkt auf den darstellenden und kreativen Künsten) wurde in Pampanga, Philippinen, geboren und wuchs in San Antonio, Texas, auf. Er begann mit seinen vier Brüdern und zwei Schwestern zu tanzen, lernte philippinische und hawaiianische Volkstänze und wurde als erster philippinischer Amerikaner zum Presidential Scholar in the Arts ernannt. Er hat für Bill T. Jones/Arnie Zane und Co., für Sally Silvers, Robert Wilson, das Folkwang Tanzstudio, Kei Takei's Moving Earth und Susanne Linke getanzt und war darüber hinaus Gast beim Wuppertaler Tanztheater. Leonard lebt sowohl in den USA als auch in Deutschland und ist derzeit Lehrbeauftragter an der Hochschule der Künste (HBK) in Essen und am ITP/IMA Department der New York University. Ab September 2023 wird Prof. Dr. Cruz den Lehrstuhl für Theater und Tanz in der Gesellschaft an der HKS-Ottersberg übernehmen. Cruz ist spezialisiert auf Kunst im Kontext sozialer Gerechtigkeit, dekolonisierende Kunsterziehung und kontemplative Praktiken und glaubt an lebenslanges Performen und Lernen.